My Week With Marilyn

Originaltitel: My Week With Marilyn
Regie: Simon Curtis
Drehbuch: Adrian Hodges
Score: Conrad Pope
Darsteller: Michelle Williams, Kenneth Branagh, Judi Dench, Eddie Redmayne

Wertung: 82 %

- Bewegendes, hochwertig gefilmtes Portrait einer Legende -

Colin Clark ist jung und will in den 50ern ins Filmgeschäft. Durch Ehrgeiz und Geduld ergattert er die Stellung des 3. Regieassistenten – also des Laufburschen – am Set von „Der Prinz und die Tänzerin“, bei dem Marilyn Monroe die weibliche Hauptrolle spielen soll. Bald entdeckt Clark, dass die Diva in Wirklichkeit ein verstörtes und schwer depressives Mädchen ist, das dennoch alle mit seinem natürlichen Charme verzaubert.

Bereits seit Längerem ist bekannt, dass Marilyn Monroe und Norma Jean Baker – wie ihr gebürtiger Name ist – zwei völlig unterschiedliche Menschen waren. Während Monroe auf immer eine gefeierte Ikone sein wird, scheint Norma Jean ein unglücklicher Mensch gewesen zu sein. Diesen Widerspruch deckt der Film recht schnell auf. Der Zuschauer lernt Marilyn als beinahe schon nervenaufreibend unsichere Frau kennen, die sich weder traut, allein zu sein, noch ihren Text aufzusagen. Während sie es bei Fototerminen immer wieder schafft, ihr Image als Sexsymbol zu unterstreichen, wird bald klar, dass sie dies nur tut, um so zu sein, wie man sie haben möchte. Diese Erkenntnis durchlebt auch der junge Regieassistent Colin Clark, aus dessen Sicht der Film seine Geschichte erzählt. Der Umstand liegt nahe, bedenkt man doch, dass es seine Tagebücher sind, auf die diese „true story“ zurückgeht.

Untermalt wird das Ganze von einem stimmungsvollem Score und einem hervorragend passend gewählten Soundtrack, der den Glanz Hollywoods während der 50er nach England bringt, wo der Film mit Marilyn gedreht werden soll. Warme Farben bestimmen den wohlwollenden Blick der Kamera, die ganz auf klassische Fahrten setzt und auf unnötige Effekte verzichtet. Die Figur Marilyn Monroe wird so weder glorifiziert, noch klinisch untersucht. Stattdessen schafft Curtis einen Mittelweg, der dem Film einen hohen unterhaltenden Wert verschafft, ohne ihn belanglos wirken zu lassen. So entsteht das wirkungsvolle Portrait einer komplizierten Frau, die von Depressionen und Selbstzweifeln zerfressen scheint.

Michelle Williams erhielt nicht ohne Grund bereits mehrere namhafte Auszeichnungen, darunter den Golden Globe und eine Oscar-Nominierung für ihre Darstellung. Ihr Gesicht spiegelt die beinahe kindliche Freude des Stars ebenso wie seine abgrundtiefe Verzweiflung. Begleitet wird ihre Darstellung von den durchweg gelungenen Leistungen ihrer Kollegen. Eddie Redmayne überzeugt als naiver Laufbursche, der sich Hals über Kopf in die verführerische wie zerbrechliche Diva verliebt, Kenneth Branagh verleiht seiner Figur des alteingesessenen britischen Schauspielers Tiefe und Komplexität und Judi Dench muss eigentlich nicht mehr erwähnt werden. Diese Grande Dame des Kinos schafft es, in jeder Rolle und in jedem Film zu brillieren, ohne ihren Kollegen die Show zu stehlen. Auf diese Weise entsteht ein rundes Ensemble mit einer geschlossenen Wirkung, bei der Niemand negativ auffällt, auch nicht Emma Watson alias Hermine Granger, die leider gegen eine furchtbare Frisur anspielen muss. Ihr hätte ich etwas mehr Zeit im Film gewünscht, um auch den letzten Skeptiker davon zu überzeugen, dass sie eine wundervolle Schauspielerin ist.

Doch bleibt ein schaler Nachgeschmack nach dem Film. Wir wissen nun, dass Marilyn Monroe eine Kunstfigur war, hinter der sich ein sehr unglücklicher, verzweifelter Mensch verbarg. Nur ist das an und für sich nichts Neues. Natürlich – der Zuschauer sieht Marilyn Monroe wie nie zuvor: verletzlich, unsicher, verstört. Doch nimmt diese Darstellung ihrer Person einen derart langen Teil des Films ein, dass es bald sauer aufstößt. Man wartet auf das Strahlen der Monroe, das viel zu selten zu sehen ist. Es wirkt beinahe, als wolle man ihren Mythos zerstören, nicht bereichern. Hinter vielen großen Persönlichkeiten steckt ein unsicherer Mensch, der sich nach Zuneigung sehnt. Diese Botschaft ist angekommen. Um sie jedoch wirklich stimmig zeigen zu können, muss die große Persönlichkeit mit dem unsicheren Menschen abgewogen werden. Die Waagschale driftet meiner Meinung nach in diesem Fall viel zu sehr in eine Richtung aus. Denkt man an andere Biopics von Showgrößen wie „Walk the Line“ oder „Ray“, fällt auf, dass hier mehr Zeit darauf verwendet wurde, auch den Glanz des Stars zu zeigen. My Week With Marilyn stellt dagegen den Hype um Marilyn Monroe völlig in Frage, was vielleicht nicht mal Absicht war, bei mir aber auf jeden Fall geschehen ist. Denn jetzt habe ich eher Mitleid mit dieser faszinierenden Stil-Ikone, als sie länger bewundern zu können.

Fazit: Ein handwerklich durch und durch gelungener Film, der es jedoch nicht schafft, ein ausgewogenes Bild seiner Hauptfigur zu zeichnen. Nichts desto trotz sehenswert!

In diesem Sinne,
eure J.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Whiplash

Interstellar

Was Neues