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Special: Warum Hitler in Inglorious Basterds sterben darf. Rezeptionsgeschichte durch Filmanalyse.

Zeit für ein wenig Abwechslung! Daher möchte ich heute keinen speziellen Film besprechen, sondern mich einem Thema widmen, das mir selbst auch sehr am Herzen liegt: den Historienfilmen. Als Kulturwissenschaftlerin und angehende Historikerin fasziniert mich vor allem, wie breit gefächert die Aussagen sind, die ein einziger Film zu einer historischen Begebenheit oder einem historischen Akteur treffen kann. Fiktion und Fakten bilden zusammen mit entsprechenden gestalterischen Mitteln eine ganz eigene historische Narrative, die sich grundlegend von der klassischen Geschichtswissenschaft, Dokumentationen oder populärwissenschaftlichen Arbeiten unterscheidet.   Wie kein zweites Medium kann ein Film – schon allein aufgrund der Masse an Menschen, die an ihm beteiligt sind – Aussagen über das Rezeptionsverhalten seiner Zeit treffen: Werden bestimmte Persönlichkeiten positiv oder negativ dargestellt? Welche Eigenschaften werden mit ihnen assoziiert? Interessierten sich die Macher ehe

Ex Machina

Originaltitel: Ex Machina Regie : Alex Garland Drehbuch: Alex Garland Score: Geoff Barrow, Ben Salisbury Darsteller: Domhnall Gleeson, Alicia Vikander, Oscar Isaac Wertung: 81 % - Beklemmendes Science-Fiction-Kammerspiel mit überzeugenden Darstellern - Der Programmierer Caleb gewinnt eine Woche zusammen mit seinem Boss Nathan, dem Computer-Genie und Erfinder der Suchmaschine „Blue Book“. Der exzentrische junge Mann lebt allein in einer hoch technisierten Villa tief in den Bergen. Abgeschnitten von der Außenwelt erfährt Caleb, dass er für Nathan eine künstliche Intelligenz namens Ava auf ihre Überzeugungskraft hin überprüfen soll. Ist der Roboter komplex genug programmiert, um als Mensch durchzugehen? Doch welche Pläne verfolgt Nathan wirklich und was verbirgt sich hinter den Türen, die Caleb nicht öffnen kann? Und: Warum behauptet Ava, Nathan würde lügen? Alex Garland, der uns bislang als Autor durchaus kultiger Filme wie 28 Days Later oder The

Chappie

Originaltitel: Chappie Regie : Neill Blomkamp Drehbuch : Neill Blomkamp, Teri Tatchell Score: Hans Zimmer, Die Antwoord Darsteller : Sharlto Copley, Hugh Jackman, Sigourney Weaver, Die Antwoord, Dev Patel Wertung: 65 % - Kurzsichtiger und vorhersehbarer, aber auch optisch brillanter Blick in die Roboterzukunft - In naher Zukunft bekommt die Polizei Johannesburgs Unterstützung von den „Scouts“, autonomen Robotern, die rasch die Kriminalitätsrate senken. Ihr Entwickler Deon ist aber längst einen Schritt weiter und arbeitet an einer künstlichen Intelligenz, die er schließlich zusammen mit dem Gangstern Yolandi, Ninja und Amerika an einem schrottreifen Scout ausprobiert. Ergebnis ist der lernfähige, kindliche Chappie. Während Ninja ihn für einen Überfall benutzen will, ruft der Roboter Neider auf den Plan, die an ganz anderen Projekten arbeiten... Man muss dieser Kritik eins vorweg schicken: Der Film gewinnt höchstwahrscheinlich an Witz und Charakter,

Who Am I - Kein System ist sicher

Originaltitel: Who Am I – Kein System ist sicher Regie: Baran Bo Odar Drehbuch: Baran Bo Odar Score : Michael Kamm, Jaro Messerschmidt Darsteller: Tom Schilling, Elias M´Barek, Wotan Wilke Möring, Antoine Monot Jr., Hannah Herzsprung Wertung: 82 % - kurzweiliger Anarcho-Spaß mit Seitenhieben auf unser Informationssystem wie auch amerikanische moderne Klassiker - Benjamin ist, wie er selbst betont, ein Niemand, ein Nerd – bis er eines Tages den selbstbewussten Max trifft, der ihn mit einer Bande Hackern zusammenbringt. Zusammen attackieren sie die Systeme von Pharma-Unternehmen, Börsen und rassistischen Parteien und zeigen den Bossen buchstäblich den Mittelfinger. Ihre Aktionen rufen schließlich Europol auf den Plan, aber auch die Cyber-Mafia... Es scheint vollbracht: Ein in Deutschland produzierter Film, der über unlustige Komödien oder Dramen über den Holocaust hinaus geht und trotzdem (oder gerade deswegen?) überzeugen kann. Der bei genauerem H

Whiplash

Originaltitel: Whiplash Regie: Damien Chazelle Drehbuch: Damien Chazelle Score: Justin Hurwitz Darsteller: Miles Teller, J.K. Simmons Wertung: 97 % - Intensives, aber auch kurzweiliges Psychogramm zweier perfektionistischer Jazz-Musiker - Andrew ist gerade in seinem ersten Jahr auf der renommierten Shaffer-Konservatorium, als der Schlagzeug-Student vom Leiter der Studio-Band, Terence Fletcher, entdeckt wird. Fletcher tyrannisiert seine Studenten auf psychische wie auch physische Art, um sie so zu Höchstleistungen anzutreiben – auch Andrew leidet unter dessen Ausbrüchen. Mit der Zeit stellt sich die Frage, wie viel der Junge bereit ist, für seine Musik zu geben und wie viel Fletcher ihm nehmen wird, um sein Ziel – musikalische Perfektion – zu erreichen... Mit Whiplash gelang dem unbekannten Damien Chazelle ein echter Überraschungshit bei den Oscars 2015. J.K. Simmons erhielt völlig zurecht den Goldjungen für den besten Nebendarsteller, zudem wurde

Fifty Shades of Grey

Originaltitel: Fifty Shades of Grey Regie : Sam Taylor-Johnson Drehbuch: Kelly Marcel Score: Danny Elfman Darsteller: Dakota Johnson, Jamie Dornan Wertung: 79 % - Wunderschön fotografierte und erstaunlich verzwickte Liebesgeschichte, die leider ein falsches Licht auf die SM-Szene zu werfen droht - Die Geschichte kennen Millionen: Anastasia Steele ist Literaturstudentin, jung, naiv, Jungfrau – und lernt den attraktiven, herrischen Millionär Christian Grey kennen. Wider aller Erwarten (!) beginnen die beiden, sich näher zu kommen. Aber dabei offenbart Grey nicht nur seine Kontrollsucht, sondern auch seine sadomasochistischen Neigungen, die Ana ebenso abstoßen wie faszinieren. Fifty Shades of Grey war und ist ein Phänomen. Wider des gesunden Menschenverstandes verkaufte sich die Buchvorlage dieses Films Millionen Mal – aus der ursprünglichen Twilight-Fan-Fiction war eine eigene Goldgrube geworden. Und das obwohl (oder, noch viel erschreckender: weil

True Detective: Staffel eins

Originaltitel: True Detective Regie: Cary Joji Fukunaga Drehbuch: Nic Pizzolatto Titelmusik: The Handsome Family – Far From Any Road Darsteller: Matthew McConaughey, Woody Harrelson, Michelle Monaghan Wertung: 100 % - Atmosphärisch dichte, höchst spannende Mischung aus Kriminalfall, Charakter- und Milieustudie - Die Miniserie erzählt über acht rund einstündige Folgen, wie die beiden Polizisten Cohle und Hart – die unterschiedlicher nicht sein könnten – über 20 Jahre versuchen, einen Ritualmord aufzuklären. Dabei entwickelt sich die Handlung über Zeitsprünge und Rückblicke aus verschiedenen Blickwinkeln heraus und beleuchtet, wie sich das Verhältnis der beiden Partner über die Jahre verändert hat – und vor allem, warum. Richtig, eigentlich geht es in diesem Blog um Filmkritiken, die schiere Qualität der Produktion lässt mir jedoch keine Wahl, als hier eine Lobeshymne auf True Detective anzustimmen. Bereits seit einigen Jahren zeigt das amer

The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben

Originaltitel: The Imitation Game Regie : Morten Tyldum Drehbuch: Graham Moore Score: Alexandre Desplat Darsteller: Benedict Cumberbatch, Keira Knightley, Matthew Goode, Charles Dance Wertung: 90 % - Feinfühlige Charakterstudie mit Sinn für emotionale Zwischentöne wie auch historische Relevanz - Während des Zweiten Weltkrieges stehen die Alliierten den Angriffen seitens der Deutschen recht wehrlos gegenüber, da diese ihre Nachrichten mittels der berüchtigten Enigma-Maschine verschlüsseln. Um den Code zu knacken, stellt das britische Militär den Mathematiker Alan Turing ein, der zwar schließlich einen Weg findet, Enigma zu besiegen, gleichzeitig aber sozial unfähig scheint, mit seinen Kollegen zusammen zu arbeiten – zumindest, bis er die clevere Joan Clarke einstellt. Die britische Historikerin Alex von Tunzelmann bezichtigt The Imitation Game böser Nachrede, da der Film – welch Überraschung – nicht alle Einzelheiten von Turings geheimen Wirk