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Der Gott des Gemetzels

Originaltitel: Carnage
Regie: Roman Polanski
Drehbuch: Yazmina Reza, Roman Polanski
Score: Alexandre Desplant
Darsteller: John C. Reilly, Kate Winslet, Jodie Foster, Cristoph Waltz

Wertung: 75 %

- Solide adaptiertes Kammerspiel mit beeindruckender Besetzung -

Zwei bürgerliche Eltern- und Ehepaare treffen sich, nachdem ihre Söhne sich geprügelt und der eine dem anderen zwei Zähne mit einem Stock ausgeschlagen hat. Um die Sache versöhnlich und zivilisiert zu klären, laden die Longstreets die Cowans zu sich nach Hause ein. Doch obwohl bereits nach wenigen Minuten alles geklärt scheint, schaffen es die Cowans nicht in den rettenden Fahrstuhl und landen immer wieder bei Kaffee und Kuchen auf der Couch. Bald fängt die wohlerzogene Fassade der Figuren an zu bröckeln, bis sich jeder gegenseitig die herrlichsten Vorwürfe an den Kopf wirft.

Roman Polanski hat es sich einfach gemacht, könnte man böserweise behaupten. Denn wer das Theaterstück „Der Gott des Gemetzels“ von Yazmina Reza gesehen hat, der weiß, dass ihr Text eins zu eins übernommen wurde. Da der Film – ebenso wie das Stück – auf sehr beschränkten Raum spielt und kaum Platz für Änderungen lässt, kommt beim Zuschauer schnell die Frage auf, worin Polanskis eigentliche Leistung besteht. Schaut man sich den Film aber aufmerksam an, so wird klar, dass Polanski es geschafft hat, die Vorlage von ihrem Theatralischen zu befreien und noch ein Stück realistischer zu machen – was den Film umso köstlicher macht.

Wirklich herausragend sind jedoch vor allem die Leistungen der hochrangigen Schauspieler. Jede Rolle wurde perfekt besetzt und jeder Schauspieler geht so in seiner Rolle auf, dass es eine Freude ist, ihnen zuzuschauen. Ob Jodie Foster als verklemmter Moralapostel, John C. Reilly als etwas unterwürfiger Es-Allen-Recht-Machen-Woller, Kate Winslet als hochnäsige und genervte Opper-Class-Zicke oder Christoph Waltz als zynischer Anwalt des Teufels – sie alle sorgen dafür, dass man sich köstlich amüsiert.

Einziges Manko bereits der Textvorlage ist die gewisse Zeit, die die Handlung braucht, um ihren Witz und Charme zu entfalten. So passiert es, dass man im Kino und im Theater erst einmal zwanzig Minuten darauf wartet. Diese Zeit braucht der Film aber auch, um die perfekte bürgerliche Fassade aufzubauen, die sich die beiden Ehepaare erarbeitet haben, nur um sie dann umso genüsslicher einzureißen. Spätestens, wenn der Alkohol fließt, nimmt keiner mehr ein Blatt vor den Mund und kotzt sich – teils wortwörtlich – über seine(n) Mitmenschen aus. Dass man sich das als Zuschauer nicht nur gern ansieht, sondern dabei auch noch lauthals lachen muss, liegt eindeutig an Yazmina Reza. Im Theater habe ich wesentlich lauter gelacht, als beim Film. Dafür kann der Film auf die typische theatralische Hölzernheit verzichten, die vor allem zu Beginn der Handlung deutlich zu Tage tritt.

Fazit: Gleich, ob Film oder Theaterstück, beides ist überaus bissig und amüsant. Langeweile kann keine aufkommen, da der Film nur lockere 79 Minuten läuft. Dennoch gewinnt das Theaterstück im direkten Vergleich, Der Gott des Gemetzels ist eben fürs Theater geschrieben worden. Die Schauspieler der Filmadaption machen Polanskis Werk aber in jedem Fall sehenswert.

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In diesem Sinne herzallerliebste Grüße,
eure J.

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