Les Misérables
Originaltitel: Les Misérables
Regie: Tom Hooper
Drehbuch: William Nicholson, Alain
Boublil, Claude-Michel Schönberg, Herbert Kretzmer
Score: Claude-Michel Schönberg
Darsteller: Hugh Jackman, Russel Crowe,
Eddie Redmayne, Anne Hathaway, Amanda Seyfried
Wertung: 48 %
- Zusammenhanglose, uninspirierte
Musical-Adaption mit inszenatorischen Schwächen -
Tja, wo anfangen? Damit, dass Les
Misérables eine zusammenhanglose Aneinanderreihung von
Gesangsstücken geworden ist? Damit, dass die Hälfte des Casts nicht
singen kann? Damit, dass es sich hierbei hauptsächlich um die
Hauptrollen handelt?
Fangen wir mit dem Gesang an, denn
schließlich wird in diesem Musical keine fünf Minuten gesprochen,
dafür drei Stunden lang gesungen. Diesen Umstand allein muss man als
Zuschauer schon erstmal mögen, sonst ist man in dem Film ohnehin
verloren. Doch auch wer klassische Opern schätzt und das Fehlen von
Gesprächen gewohnt ist, wird hier enttäuscht werden. Denn da Les
Misérables sich nicht entscheiden kann, ob es schmissiges Musical
oder epische Oper sein will, ist es keins von Beidem. Dafür kann
Regisseur Tom Hooper allerdings auch nichts, denn dieses Ungetüm
treibt bereits seit 60 Jahren sein Unwesen auf internationalen
Bühnen.
Dazu muss vielleicht gesagt werden,
dass es durchaus vorstellbar scheint, dass Les Misérables als
Musical funktioniert – allerdings mit ausgebildeten Sängern und
auf einer Bühne. Für die sehr originalgetreue Filmversion wurde
nun ein äußert namhafter, aber mittelmäßiger bis talentfreier
Cast zusammen gesucht. Schauspielerisch zeigen hier einige – allen
voran Anne Hathaway – ihr großes darstellerisches Können. Hört
man diese Leute jedoch singen, fragt man sich, ob dieses intensive
Spiel nur die fehlende Stimme überdecken soll. Wohlwollend könnte
man sagen, dass aufgrund des starken Schauspiels der Gesang nicht so
perfekt sein kann, einfach, weil er nicht in die jeweilige Szene
passt. Realistisch betrachtet hätten Hooper und Produzenten einfach
andere Darsteller nehmen sollen, die besser singen können.
Hinzu kommt ein völlig willkürlicher
Schnitt, der es beinahe unmöglich macht, der Handlung zu folgen.
Statt eines gleichmäßigen Erzählflusses entsteht hier eine Art
Szenencollage, die ohne Erklärungen und ohne Übergänge auskommt.
Denn obwohl Hooper ein gewaltiges Set und eine realistische Umgebung
wählt, behält er doch das Tempo einer Bühneninszenierung bei
(dieser Fehler wurde nicht mal bei Anna Karenina gemacht, obschon
dieser Film wie eine Bühne aufgebaut wurde!). Und so bleiben die
einzelnen Figurenentwicklungen hölzern und ausschnitthaft. Gerade
das Medium Film hätte hier die Möglichkeiten geboten, die
miserablen namensgebenden Schicksale der Figuren realistisch und
menschlich erscheinen zu lassen.
Nicht zuletzt stört die fehlende
Einweisung in den historischen Hintergrund. Die Französische
Revolution von 1789 mag ja einigen noch ein Begriff sein, Les
Misérables ist aber 50 Jahre später, während der 48´er Revolution
angesiedelt. Einige einleitende Sätze zu Beginn der Handlung hätten
sicherlich die Situation der Menschen in Frankreich und das daraus
resultierende Elend, das hier thematisiert wird, erklären können.
Zudem irritiert es, dass die Hälfte der Darsteller es nicht schafft,
ihren britischen Akzent zu unterdrücken, was eine desillusionierende
Distanz schafft, wenn solche Menschen „Vive le France“ rufen. So
entsteht eine ungewollte Bühnenhaftigkeit – und das bei einem
Film, der ein Bühnenwerk adaptiert!
Fazit: Wahrlich miserabel! Liebhaber des Musicals werden
sicherlich ihren Spaß an dem Film haben, allen anderen sei davon
herzlichst abgeraten. Dies ist einer der sehr wenigen Filme, die ich
nicht zu Ende gesehen habe und während des Sehens immer wieder
vorgespult habe, um die ewigen Längen zu überbrücken. Unvermögen
im Gesang trifft auf Unvermögen im Filmhandwerk. Wer Vergleichbares
hören will, sollte sich das Geld für eine Kinokarte sparen und sich
in die örtliche Karaokebar setzen.
In diesem Sinne,
eure J.
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