The King

Originaltitel: The King
Regie: David Michod
Drehbuch: Joel Egerton, David Michod
Score: Nicholas Britell
Darstellende: Timothee Chalamet, Taron Egerton, Robert Pattinson


Wertung: 40 %

- Bedeutungslose Schlammschlacht in den Niederungen historischer Dramen -


England im 14. Jahrhundert: Prinz Henry trinkt und vögelt sich lieber durch die Straßen, anstatt sich bei Hofe auf seine Aufgabe als zukünftiger König vorzubereiten. Doch dann…

Ach, wen interessiert’s. Wer etwas über britische Geschichte lernen will, hat unzählige Werke und Studien zur Auswahl, die allesamt sicherlich spannender sind als dieser Film. Denn bereits nach kürzester Zeit stellt sich die Frage: Wozu das Ganze?

Wir haben einen jungen Mann, der zunächst vor seiner Verantwortung flieht, samt weisen, aber nicht sehr angesehenen Ratgeber. Wir haben zwei Nationen, die vor lauter Vaterlandsliebe gar nicht wissen, wohin – außer vielleicht einmal übers Meer und dann ein paar andere Vaterlandsliebende niedermetzeln. Wir haben Männer in Rüstungen, Männer mit Bärten, Männer ohne Bärte, Männer im Schlamm, Männer im eigenen Blut, Männer im Blut ihrer Feinde. Wir haben feine Kleriker, die durch die Gegend getragen werden und „echte“ Kerle, die auf dem Schlachtfeld ihre Ehre verteidigen. Zwischendurch schwingt ein mittelmäßig motivierter Timothee Chalamet eine mittelmäßig motivierende Rede, dann zeigen Kamera- und Stunt-Team, dass sie die 6. Staffel Game of Thrones gesehen haben und dann darf sogar noch eine junge Frau was Sinnvolles sagen. Schluss. 

All das dauert ermüdende zwei Stunden und knapp 20 Minuten. Man sieht dem Film sowohl den Produktionswert als auch den Anspruch an, mit dem er gedreht wurde. Nur: Welcher Anspruch war das bitte? Der französische Dauphin kommt so schlecht weg, dass nur ein Brite sich getraut hat, ihn zu spielen. Überhaupt kommen in dem Film, in dem es immerhin um einen Krieg zwischen England und Frankreich geht, keine französischen Darstellenden zum Einsatz. Vermutlich, weil The King ein derart frankophobes Machwerk geworden ist. Robert Pattinson verschafft sich zwar ein paar Momente des dunklen Glanzes als französischer Prinz, jedoch wird seine Figur so gänzlich negativ bis lächerlich dargestellt, dass sich wirklich die Frage stellt, ob Taron Egerton – nicht nur Darsteller in dem Film, sondern auch einer der Drehbuchautoren und Produzenten – persönliche Beleidigungen durch französische Kollegen erfahren musste und sich nun versucht, zu rächen. 

Insgesamt fehlt es dem Machwerk von David Michod an Substanz und Tiefe. Das würde nicht weiter stören, wenn er nicht durchgängig der Meinung wäre, der Film hätte beides zuhauf. Die Kamera schwelgt Vermeer-mäßig in hübsch-kühler Atmosphäre, Set und Kostüme sind stimmig und wirken unaufdringlich-historisch. Hier wäre die Gelegenheit gewesen, Shakespeares Stoffe – denn darauf basiert The King nach eigenen Angaben – einer echten zeitgenössischen Aneignung zu unterziehen und ihn fit fürs 21. Jahrhundert zu machen. Aber wenn dies das 21. Jahrhundert ist, dann: oh je. Denn dann leben wir in einer Zeit der egozentrischen Nationen, in denen überprivilegierte Typen den Ton angeben und sich lieber gegenseitig massakrieren. Oh, Moment. So gesehen ist The King tatsächlich ein aussagekräftiges Kind seiner Zeit. Nur: Wozu einen historischen, dramatischen Stoff nehmen, um das zu erzählen? Warum nicht eine Sicht auf die Dinge entwerfen, die uns voran bringt? Die uns zeigt, wohin wir gehen müssen – und nicht, woher wir (scheinbar!) kommen? Stattdessen erzählt Michod mit völlig unangebrachtem Ernst von fragwürdigem Heldentum (sorry: englisches Heldentum!) und toxischer Macht, die nur auf nach außen getragener Stärke basiert. Gähn.

Fazit: Als Historiendrama nimmt sich der Film viel zu ernst, ohne jedoch je zu der Tiefe vorzudringen, die er vorgibt, zu haben. Weder die Figuren als solche noch ihre Konstellation entwickeln sich. Zudem zeichnet The King ein beunruhigend negatives Bild Frankreichs, das weder nötig noch angebracht ist. Da hat Netflix eindeutig bessere Eigenproduktionen zu bieten.

In diesem Sinne,

eure J.

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