Tomb Raider

Originaltitel: Tomb Raider
Regie: Roar Uthaug
Drehbuch: Geneva Robertson-Dworet u.a.
Score: Junkie XL
DarstellerInnen: Alicia Vikander, Christin Scott Thomas, Daniel Wu, Dominic West


Wertung: 50 %

- Allzu geradlinige Verfilmung der Tomb Raider-Neuauflage von 2013, eindimensional und ohne Rhythmus –


Die junge Lara Croft ist zwar sportlich, aber mittellos. Sie könnte das Erbe ihres Vaters Lord Croft antreten, müsste ihn dafür aber für tot erklären. Doch Lara glaubt, dass ihr Vater noch am Leben und lediglich verschollen ist. Als sie auf seinem Anwesen Hinweise auf eine geheimnisvolle japanische Insel findet, bricht sie dorthin auf, um ihn zu suchen. Abenteuer und Gefahren erwarten sie.

Es ist so frustrierend, immer und immer wieder schlechte Videospiel-Verfilmungen sehen zu müssen! Dabei standen die Zeichen so gut: Mit Alicia Vikander konnte Warner Brothers eine interessante und fähige Oscar-Gewinnerin für den Part der Lara Croft verpflichten und so einen weiteren Schritt gehen, weg vom Sexsymbol, hin zur komplexen Figur. Die Entscheidung, den Film auf dem Reboot von 2013 zu basieren, war ebenfalls sinnvoll. Denn in dem Spiel wie in dem Film konnte so gezeigt werden, wie die junge Lara schließlich zum Tomb Raider wird. Das Spiel zeigte Lara als verletzliche, auch an sich zweifelnde Frau, die nicht nur durch Waffen, sondern auch Intelligenz und Mitgefühl zu überzeugen weiß. Square Enix, die Produktionsfirma des Spiels, mit ins Boot zu holen, lag daher nahe.

Warum also ruft dieser Film nicht viel mehr als ein müdes Achselzucken hervor? An Vikander liegt es schon mal nicht. Die zeigt wirklich vollen Körpereinsatz, hat sich brav ihre Muskeln antrainiert und spielt die Figur der Lara Croft mit voller Überzeugung. Deshalb schmerzt es umso mehr, dass der Film selbst so ein Murks geworden ist. Arme Lara, will man da rufen. Du kannst nichts dafür! Schuld haben das Drehbuch und die Inszenierung. Denn leider will Hollywood einfach nicht lernen, dass man es einem Film meistens negativ anmerkt, wenn mehr als eine Person am Drehbuch rumgedoktert hat. Das merkt man bei Tomb Raider sogar ganz deutlich: Der Film ist in einen guten, rasant geschnittenen Anfang in London und eine gähnend langweilige, allzu geradlinige zweite Hälfte auf der Insel Yamatai zerbrochen. Insbesondere, wenn man das zugrunde liegende Spiel von 2013 gespielt hat, fallen die Schwächen der Verfilmung besonders ins Gewicht: Es gibt nur eine einzige Grabkammer zu erkunden (Tomb heißt übrigens Grab, liebe DrehbuchautorInnen! In einem Film namens Tomb Raider also mehr als eins vorkommen zu lassen, wäre durchaus sinnvoll gewesen. Steile These, ich weiß, aber vielleicht doch eine Überlegung wert?). Diese Grabkammer ist auch noch wesentlich langweiliger und dümmer gestaltet als in dem Spiel. Lara muss lediglich zwei Rätsel lösen, eins davon für die Zuschauenden nicht nachvollziehbar. Dann ist die Alltagskultur der auf der Insel lebenden Bösewichte vollkommen irrelevant und ohne jedes Detail dargestellt, während sich im Spiel ein ganzer Kult entwickelt hatte. Und schließlich bleibt der Oberbösewicht, obwohl passend besetzt, ohne jeden nennenswerten Charakterzug. Wie soll man dann noch Angst vor ihm haben? 

Generell wurde versäumt, auch nur irgendeiner Figur in diesem Film eine Persönlichkeit zu verpassen. Alicia Vikander tut das Beste, um wenigstens etwas Menschlichkeit in ihre Schablone namens Lara Croft zu legen, alle anderen Figuren mit weniger screen time haben da weniger Glück. Da das auch Laras Vater und das Verhältnis der beiden zueinander betrifft, fehlt den Zuschauenden jeglicher emotionale Anker. Mit wem soll man sich da noch identifizieren? Da die Entwicklungsstationen von Lara (Abenteuer starten, Entscheidungen treffen, Menschen das erste Mal töten) so derart unmotiviert abgehakt werden, als schaue man sich eine Checkliste an, ist es die Hauptfigur schon mal nicht. Das hat auch bei Black Panther nicht richtig klappen wollen, aber der Film hatte dafür faszinierende Nebenfiguren, eine hochaktuelle Story und eine stimmige, ausgefeilte Mythologie. Tomb Raider hat nichts davon. Sobald Lara auf der Insel angekommen ist, spult Roar Uthaug einfach eine Action-Sequenz nach der anderen ab. Erzählrhythmus, Handlung oder Figurenentwicklung interessieren ihn nicht die Bohne. Hätte der Film davon ein wenig gehabt, wäre es vielleicht für Fans des Spiels cool gewesen, die minutiöse Umsetzung der Action aus dem Spiel in dem Film zu sehen. Ich sage nur: Sprung vom Schiff, dann der Fallschirm, die Flucht durch den reißenden Fluss… Ohne eine Verbindung zwischen den Sequenzen und ohne glaubwürdige Figuren wirken diese Reproduktionen aber fehl am Platz und irgendwie überflüssig. Das „Hab ich schon mal gesehen“-Gefühl ruft Ernüchterung statt Freude hervor.

Es ist schwer zu sagen, ob die schauspielerischen Leistungen der übrigen DarstellerInnen – inklusive der grandiosen, völlig unterforderten Kristin Scott Thomas – einfach schlecht ist oder die Figuren komplett langweilig angelegt sind. Zwischen Vikander und Dominic West, der ihren Vater spielt, besteht jedenfalls überhaupt keine Chemie. Das hätten auch zwei Fremde sein können, die sich zufällig immer wieder treffen. Dass er sie in der deutschen Übersetzung ständig „Spatz“ nennt, hilft dabei auch nicht gerade. Und Menschen, die von sich selbst in der dritten Person reden („Daddy liebt dich!“ sagt er ungefähr 5000 Mal) haben sowieso mentale Schwierigkeiten. Das ist natürlich alles ein bisschen ungünstig, wenn die Verbindung zu ihrem Vater (Mütter haben weibliche Hauptfiguren ja sowieso nie) das emotionale Herzstück und die Hauptmotivation für Lara sein soll. So aber weiß man nicht so recht, warum sie sich ständig vermöbeln lässt und nicht einfach nach Hause fährt.

Abschließend lässt sich das Szenenbild nochmal bemängeln. Wie bereits gesagt, gibt es genau eine Grabkammer zu erkunden und in der findet dann auch gleich der unfassbar unspannende Showdown statt. Der Inhalt des Grabes und sein Geheimnis sind ungefähr so überraschend wie ein Leberwurstbrot, die Effekte mittelmäßig und die Kulisse schlicht lieblos. Da bietet das Spiel deutlich mehr Detailreichtum. Immerhin passt der nichts sagende Score von Junkie XL ganz gut dazu.

Fazit: Es bleibt zu hoffen, dass der Film genug Geld einspielt, um ein Sequel zu rechtfertigen. Und dann können die Verantwortlichen alle Fehler ausbügeln, die sie uns jetzt hingerotzt haben. Denn Vikander ist eine tolle Besetzung für die neue Lara Croft: Sie ist stark, sie ist selbstbewusst und hält sich zumindest halbwegs an physikalische Gesetze. Eine tolle neue Heldin in der Kinolandschaft. Damit sie aber ihrer großen Schwester Wonder Woman das Wasser reichen kann, brauchen wir definitiv mehr Charakter und Story. Wer die Entwicklung von Lara zum Tomb Raider miterleben will, sollte aber auf das Spiel zurückgreifen. 

In diesem Sinne,

eure J.

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