True Detective: Staffel eins
Originaltitel: True Detective
Regie: Cary Joji Fukunaga
Drehbuch: Nic Pizzolatto
Titelmusik: The Handsome Family – Far
From Any Road
Darsteller: Matthew McConaughey, Woody
Harrelson, Michelle Monaghan
Wertung: 100 %
- Atmosphärisch dichte, höchst
spannende Mischung aus Kriminalfall, Charakter- und Milieustudie -
Die Miniserie erzählt über acht rund
einstündige Folgen, wie die beiden Polizisten Cohle und Hart –
die unterschiedlicher nicht sein könnten – über 20 Jahre
versuchen, einen Ritualmord aufzuklären. Dabei entwickelt sich die
Handlung über Zeitsprünge und Rückblicke aus verschiedenen
Blickwinkeln heraus und beleuchtet, wie sich das Verhältnis der
beiden Partner über die Jahre verändert hat – und vor allem,
warum.
Richtig, eigentlich geht es in diesem
Blog um Filmkritiken, die schiere Qualität der Produktion lässt mir
jedoch keine Wahl, als hier eine Lobeshymne auf True Detective
anzustimmen.
Bereits seit einigen Jahren zeigt das
amerikanische Pay-TV, dass es mit seinen Serien so manchem
Big-Screen-Film in nichts nachsteht (man denke nur an Meilensteine
wie Breaking Bad, Game of Thrones oder House of Cards). Ausstattung,
Darsteller und Effekte hinken kaum noch hinterher, sodass sich die
meisten deutschen Fernsehproduktionen vom großen Bruder in Übersee
ruhig mal eine Scheibe abschneiden könnten. Und was American Horror
Story bereits 2011 begann, führt True Detective nun zur Perfektion:
die Anthologie.
Statt also Figuren und Handlungsstränge
Folge für Folge zu entwickeln und sich mit der Zeit immer
hirnrissigeren Plottwists hinzugeben, gibt es bei True Detective eine
festgelegte, überschaubare Episodenanzahl, die einen echten
Spannungsbogen ermöglicht. Eine zweite Staffel ist zwar bereits
angekündigt, jedoch wird diese völlig neue Figuren, Darsteller und
Fälle bereithalten. Im Grunde ist die Serie also ein acht Stunden
langer Kriminalfilm, der aufgrund seiner Länge und seines Formates
eine minuziöse Analyse nicht nur des Verbrechens, sondern auch der
Hauptfiguren ermöglicht.
Und genau hier hätten die Schwächen
der Serie liegen können, wenn ihre Macher sich welche erlaubt
hätten. Haben sie aber nicht. Stattdessen holten sie sich als
Produzenten und Hauptdarsteller zwei echte Schwergewichte wie Matthew
McConaughey und Woody Harrelson ins Boot, verzichteten auf wechselnde
Regie, setzten auf hochwertige und gleichzeitig angemessen dreckige
Optik, schrieben ein durch und durch stimmiges Drehbuch und
unterlegten das ganze mit einer hypnotischen Mischung aus Country und
Blues. Kurz: True Detective bietet alles, was man von einer wirklich
guten Kriminalgeschichte erwartet.
Da wären zum Einen die beiden
Detectives, die natürlich erstmal überhaupt nicht zusammen arbeiten
können. Harrelsons Charakter scheint dabei zunächst der wesentlich
sympathischere und bodenständigere, während McConaughey – kantig,
zerzaust, mit sich und der Welt hadernd – den intelligenten, aber
desillusionierten Zweifler gibt. Die Konstellation allein hätte
schon genügt, um die Story über weite Strecken zu tragen,
allerdings gibt Fukunaga seinen Figuren durch die etlichen
Zeitsprünge und Rückblicke immer mehr Gelegenheit, sich zu
entwickeln. So können nicht nur die beiden Darsteller sich mal so
richtig austoben, sondern der Zuschauer auch seine Einschätzung der
Figuren nochmal überdenken. Woody Harrelson zeigt hierbei schlicht
und einfach die beste Leistung seiner Karriere – virtuos wechselt
er zwischen kumpelhaftem Everyday Normal Guy und cholerischen
Weiberheld. McConaughey dagegen hat einfach eine neue Möglichkeit
gefunden, seinen neuen Status als Charakterdarsteller in Stein zu
meißeln. Ruppig und doch irgendwie liebenswert gibt er am laufenden
Band philosophische Einschätzungen zum Besten, dass es eine wahre
Freude ist; allerdings auch die volle Aufmerksamkeit des Zuschauers
fordert.
Allgemein zeichnet sich das Drehbuch
durch eine erstaunliche Dialogqualität aus, die durchaus beides
bietet: markige Sprüche und düstere Denkanstöße. Damit´s aber
nicht zu schwermütig wird, konterkariert ein unglaublich fein
dosierter Humor Cohles gelegentlichen Abgesang auf die Menschheit.
Zudem verknüpft Nic Pizzolatto gekonnt den sich langsam
entblätternden Kriminalfall mit dramatischen Elementen, die auf
eingehende, aber nie anstrengende Weise das Privatleben der beiden
Ermittler beleuchten. Der Fall an sich rückt dabei niemals völlig
in den Hintergrund, sondern bleibt immer bedrückend und präsent. Quasi im Vorbeigehen dekonstruiert Pizzzolatto dabei den american way of life, indem er Werte wie Glauben, Rechtschaffenheit und Familie immer wieder der Scheinheiligkeit überführt.
Ikonographisch verbindet die Serie den
Sumpf aus Korruption, religiösem Fanatismus und menschlichen
Abgründen gekonnt mit der wabernden, wuchernden Flora Louisianas,
mit dem zwielichtigen Ambiente der Strip-Clubs, durch die sich die
Ermittlungen ziehen und schließlich mit den Voodoo-Symbolen der
Morde. Dabei passt sich die ruhige, glatte Kameraführung ideal dem
Erzählrhythmus an, der nicht mit punktuellen Wow-Effekten, sondern
mit Kontinuität punktet. Stück für Stück werden kitzelige Details
zu den Morden enthüllt – immer natürlich gerade so viel, dass man
die nächste Folge kaum erwarten kann.
Fazit: True Detective revolutioniert
das Format der Mini-Serie erneut. Statt die Handlung immer weiter zu
spinnen, bis sie langsam ausblutet, setzt Fukunaga klare
erzählerische Grenzen und nutzt gleichzeitig die erhebliche
Lauflänge für dramaturgische Streifzüge durch die menschliche
Seele. Dabei vertraut er erfreulicherweise auf die Intelligenz seines
Publikums, das sich ganz auf die Hauptfiguren, deren innere
Zerrissenheit und den spannenden Fall konzentrieren kann. Einfach
sehenswert!
In diesem Sinne,
eure J.
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