X-Men: Zukunft ist Vergangenheit
Originaltitel: X-Men: Days Of The
Future Past
Regie: Bryan Singer
Drehbuch: Simon Kinberg, Matthew
Vaughn, Jane Goldman
Score: John Ottman
Darsteller: Hugh Jackman, Michael
Fassbender, James McAvoy, Patrick Stewart, Ian McKellen, Ellen Page,
Jennifer Lawrence
Wertung: 90 %
- Fulminantes Treffen der Generationen
mit beeindruckender Action, spannender Handlung und berührenden
Charakteren -
Die Zukunft: Mutanten und Menschen, die
mit ihnen kooperieren wollen, werden gnadenlos gejagt und getötet.
Jedoch nicht von anderen menschlichen Machtinhabern, sondern von
sogenannten Sentinels, hochentwickelten Robotern, die ursprünglich
als Waffe gegen die Mutanten gedacht waren. Nur noch wenige sind
übrig – also beschließen die X-Men, Wolverine in die
Vergangenheit zu senden, um ein Ereignis zu verhindern, das die
gesamte Welt verändern wird.
Bryan Singer ist zurück auf dem
X-Men-Regiestuhl und nimmt uns mit in eine dystopische Zukunft. Durch
den Kniff der mentalen Zeitreise (denn tatsächlich schickt Kitty nur
Logans Bewusstsein zurück in sein jüngeres Ich) kann er nicht nur
junge und altbekannte Darsteller der selben Figuren in einem Film
verwenden, sondern auch ganz in einer funky Siebziger-Optik
schwelgen. Zudem ermöglicht die Zeitreise eine komplexe und
hochspannende Story mit zwei Ebenen, in denen hüben wie drüben
ordentlich was los ist.
Große Stärke des Films ist ganz
eindeutig sein Wiedererkennungswert – hier jedoch ist gemeint, dass
sich im Erzählfluss und den Figuren ganz klar Fingerzeige zu den
ersten beiden X-Men finden. Wir feiern ein Wiedersehen mit Kitty
Pride, Ice-Man, Storm, Professor X und Magneto, wie wir sie aus der
X-Men-Trilogie kennen. Sämtliche Figuren wurden bis in die letzte
winzige Szene mit den Original-Schauspielern besetzt, eine echte
Verneigung vor den Fans. Zudem stören die inzwischen teils deutlich
erkennbaren Altersunterschiede der Darsteller überhaupt nicht, da
wir uns ja in der Zukunft befinden. Wer also die klassischen ersten
X-Men mochte, kommt hier voll auf seine Kosten – zumal es wie immer
einige neue Mutanten mit teils wirklich beeindruckenden Fähigkeiten
zu sehen gibt.
Der in X-Men: Erste Entscheidung
angelegten Retro-Optik wird dann in den Siebzigern Tribut gezollt.
Auch hier konnte die komplette Besetzung aus Fassbender, Lawrence und
McAvoy zusammengetrommelt werden. Die inneren Konflikte – typisch
für das X-Men-Universum – die sich in den vergangenen 10 Jahren
aufgebaut haben, erhalten dabei einen entscheidenden Raum in der
Handlung. Besonders Raven/Mystique und ihr Verhältnis zu Magneto und
Professor X stehen hierbei im Mittelpunkt. Immer wieder stellt sich
die Frage: Ist das Schicksal vorherbestimmt? Oder können wir uns
ändern, wenn wir wollen? Ein dickes Plus geht hierbei an das Make-Up
von Mystique, das eindeutig erwachsener und näher am Original ist,
als es noch in Erste Entscheidung der Fall war.
Zwischen all diesen interessanten und
zerrissenen Charakteren gerät Hugh Jackman als Wolverine fast ein
wenig ins Hintertreffen. Zwar ist er es, der in die Vergangenheit
geschickt wird, dennoch ist er nicht die Hauptfigur. In einem
gigantischen Ensemble wie diesem stellt sich allerdings die Frage, ob
es überhaupt eine Hauptfigur geben kann. Statt sich also ganz klar
auf die Entwicklung weniger Figuren zu beschränken und ihnen einen
einzigen, klassischen Bösewicht gegenüber zu setzen (wie es Matthew
Vaughn in Erste Entscheidung tat), gleitet Singer von innerem
Konflikt zu innerem Konflikt. Die Vorgehensweise scheint völlig
legitim, wenn man beachtet, dass Wolverine inzwischen zwei eigenständige Filme spendiert bekam. Stattdessen darf man sich auf
einen heruntergekommenen Charles Xavier in Schlaghosen, einen
wirklich coolen Geschwindigkeitsjunkie und einen endgültig durch und
durch bösen Magneto freuen. Und das ist ja auch der große Vorteil
des X-Men-Universums: Mutanten sind Teil der Weltbevölkerung, es
gibt nicht nur einige wenige Superhelden. Ihre Konflikte mit der
Bevölkerung wirken stets realistisch und schlüssig, ihre innersten
Sorgen und Nöte menschlich und nahbar.
Optisch ist der Film natürlich absolut
auf der Höhe seiner Zeit. Während die Effekte in Erste Entscheidung
noch ganz ordentlich waren, sind sie in Zukunft ist Vergangenheit
wirklich oberste Spitzenklasse. Das 3-D wirkt ausnahmsweise mal nicht
zu anstrengend (auch wenn man locker darauf verzichten kann) und die
Slow-Motion-Szenen erinnern in ihrer Perfektion und Schönheit an das
Finale in The Amazing Spider-Man: Rise of Electro. Besonders Blinks
Fähigkeit, eine Art Raumtunnel zu öffnen, bietet immer wieder
Gelegenheiten zum Staunen.
Der Score von John Ottman ist dagegen
nicht ganz so catchy gelungen wie Henry Jackmans Themen aus Erste
Entscheidung. Zwar begegnet geneigten Zuschauern zu Beginn das
wohlbekannte Thema aus X-Men 2 wieder, während der restlichen
Laufzeit vermisst man jedoch derart eingängige Melodien. Nichts
desto trotz erfüllt die Musik in Zukunft ist Vergangenheit natürlich
ihren Zweck und unterstützt eine emotionale Bindung an das
Geschehen, die vor allem zum Ende hin immer stärker wird. Man
fiebert einfach mit, wenn sich geliebte Figuren in einer wahrlich
auswegslosen Situation befinden.
Fazit: Zukunft ist Vergangenheit ist
nicht nur eine Verneigung vor den Fans der gesamten X-Men-Franchise,
sondern auch ein wahnsinnig unterhaltsamer Film. Neben hochwertiger
Action und spannender Handlung sind es vor allem die miteinander
verbunden Einzelschicksale der X-Men, die den Zuschauer gefangen
nehmen. Aufgrund des starken Bezugs zu den vorangegangenen Filmen ist
Zukunft ist Vergangenheit vielleicht weniger stimmig als Erste
Entscheidung geworden, dafür bekommt man aber einen bis ins kleinste
Detail durchdachten Film präsentiert.
In diesem Sinne,
eure J.
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