Transcendence
Originaltitel: Transcendence
Regie: Wally Pfister
Drehbuch: Jack Paglen
Score: Mychael Danna
Darsteller: Johnny Depp, Morgan
Freeman, Paul Bettany, Rebecca Hall, Cilian Murphy
Wertung: 79 %
- Atmosphärisch dichte, aber nicht zu
Ende gedachte Sci-Fi-Fabel -
Eine menschliche Intelligenz in Form
einer Rechenmaschine? Ein Computer mit Bewusstsein – ist das
möglich? Dr. Will Caster und seine Kollegen glauben daran. Doch als
er von Terroristen tödlich verwundet wird, reicht Glaube allein
nicht mehr aus: Seine Frau Evelyn beschließt, den Geist ihres
sterbenden Mannes auf einen Computer zu übertragen, um ihn so am
Leben zu erhalten. Doch eine Intelligenz ohne Gefühle, die sich mit
jedem Computer der Welt verbinden kann – wozu ist diese fähig?
Soweit, so interessant. Und tatsächlich
schafft es Pfister auch, sein Publikum durch eine kitzelige
Atmosphäre und ein vergleichsweise realistisches Setting bei der
Stange zu halten. Doch warum ist aus Transcendence trotzdem kein
wirklich guter Film geworden?
Seine Stärken verdankt der Film
zunächst einmal dem namenhaften Cast. Johnny Depp kehrt endlich in
einer ernsthaften Rolle auf die große Leinwand zurück und zeigt
seine Vielfältigkeit, auch wenn er die Hauptlaufzeit dazu verdammt
ist, mechanisch-kühl zu agieren und nur als Hologramm oder Animation
auftaucht. Aber das liegt in der Natur der Sache, das ist in Ordnung.
Rebecca Hall, deren Figur Evelyn quasi den Zuschauer an die Hand
nimmt, überzeugt auf ganzer Linie. Obwohl man ihr die vergeistigte
Wissenschaftlerin immer abnimmt, schafft sie dennoch eine
Identifikationsfigur, aus deren Sicht Bedrohung und Vorahnungen nah
miterlebt werden können. Und da sämtliche Nebenrollen mit Größen
wie Morgan Freeman, Paul Bettany oder Cilian Murphy besetzt wurden,
stiehlt hier Niemand dem Anderen die Show.
Hinzu kommt eine gute Mischung aus
realistischem story telling und angemessen entwickelten Figuren, die
sich in der Handlung durchaus nachvollziehbar verhalten. Da ist Dr.
Will Caster, der sich nach seinem Upload auf ein Computersystem zu
einer gigantischen, planenden Maschine entwickelt, die bald ihre
gesamte Umgebung kontrolliert. Da ist seine Frau Evelyn, die nicht
nur ihre Liebe zu ihrem Mann, sondern auch ein nahezu gewissenloser
Wissensdurst antreibt, in den sich bald Angst und Misstrauen mischen.
Da sind überzeugte Terroristen, die die Menschheit vor ihrem eigenen
Wissenschaftsglauben retten wollen. Und dann ist da natürlich die
Regierung, die möglichst nicht die Kontrolle über ihr
Herrschaftsgebiet an eine Maschine abgeben will. Soweit, so gut also.
Die verschiedenen Handlungsstränge, die sich an diesen Parteien
orientieren (und die sich natürlich mit Voranschreiten des
Geschehens anfangen, zu verknüpfen), entwerfen ein facettenreiches
Bild der Problematik. Gut und Böse sind weniger leicht zu
unterscheiden, als es am Anfang vielleicht den Anschein erweckt. Viel
wichtiger wird bald die Frage: Kann Evelyn kontrollieren, was sie
geschaffen hat – oder kontrolliert es sie?
Diese unangenehme Atmosphäre der
Beobachtung und Kontrolle schleicht sich subtil in den
Handlungsverlauf, sobald sie beginnt, den Forderungen der
Will-Maschine nachzugeben. Stets von ihm überwacht ist sie niemals
allein. Ganz klar profitiert der Film hierbei auch von der gut
gewählten Kulisse der Wüsteneinöde und endlosen unterirdischen
Labors, die Will bauen lässt. Isolation, Überwachung, Einsamkeit:
Diese Gefühle sind es, die Kamera und Licht hervorragend
transportieren. Geht es zu den Handlungssträngen rund um die
Terroristen oder den Geheimdienst über, lässt sich weiterhin von
solider, wenn auch zurückgenommener Kameraarbeit sprechen. Das
Hauptaugenmerk liegt eben auf Evelyn und ihrer Will-Maschine.
Diese Konzentration ist einerseits
Stärke, andererseits Schwäche des Films. Denn wenn Will beginnt, im
globalen Maßstab zu agieren und seine Umwelt zu beeinflussen, hätte
man doch komplexere Auswirkungen erwartet. Da diese aber
wahrscheinlich Budget und Spielzeit gesprengt hätten, beschränkt
Pfister sich dann doch wieder auf seine kleine Gruppe der
verschiedenen Interessengemeinschaften. Hinzu kommt die etwas krude
und wenig erklärte Idee, die Maschine könne kleinste Nanopartikel
in die Luft entsenden und dort kontrollieren, um alles und jeden zu
„optimieren“. Die wird zwar optisch gut umgesetzt, stößt aber
immer wieder an die Grenzen der Logik. Von einem Film wie
Transcendence hätte da wirklich mehr erwartet werden können.
Letztlich stellt sich die Frage nach der Botschaft oder Aussage des Werks. Will uns Pfister ermahnen, uns nicht in einem Netz aus Rechenleistung und Internetleistungen zu verlieren? Oder will er uns zu mehr Entdeckertum und Unvoreingenommenheit gegenüber technischen Neuerungen ermutigen? Sollen wir jeden technischen Fortschritt mit offenen Armen als Weltverbesserung empfangen? Oder sollen wir kritisch werden und uns auf uns selbst zurückbesinnen, auf die analogen Menschen, die wir sind? Man weiß es nicht.
Fazit: In den Ansätzen sehr
interessanter, aber leider nicht bis zum Ende durchdachter
Science-Fiction, der sich angenehm vom aktuellen Popcorn-Sci-Fi
abheben kann. Transcendence punktet mit einer dichten Atmosphäre und
tollen Darstellern, vergaloppiert sich dann aber doch zum Ende hin
ein bisschen zu sehr, um wirklich sehenswert zu sein.
In diesem Sinne,
eure J.
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