Saving Mr. Banks

Originaltitel: Saving Mr. Banks
Regie: John Lee Hancock
Drehbuch: Kelly Marcel, Sue Smith
Score: Thomas Newman
Darsteller: Emma Thompson, Tom Hanks, Colin Farrell, Paul Giamatti, Annie Rose Buckley


Wertung: 80 %

- Herzerwärmende Hintergrundgeschichte zu Mary Poppins mit sehr großem Disney-Stempel -

20 Jahre lang versucht Walt Disney, die Filmrechte für Mary Poppins von deren Autorin und Erfinderin Pamela Travers zu ergattern. Als diese endlich den weiten Weg von London nach Los Angeles auf sich nimmt, ahnt der Medienmogul noch nicht, was er sich eingehandelt hat – oder, welche Vergangenheit Travers bis nach Amerika verfolgt.

Um sich selbst und der Figur der Mary Poppins ein Denkmal zu setzen, geizt Disney nicht mit Zuckerguss. Das angestrebte Ziel wird jedoch nicht gänzlich erreicht, zu sauber und angestrengt ist Saving Mr. Banks dann doch geworden.

Was der Film jedoch schafft, ist, eine interessante Geschichte hinter den Kulissen des Business zu erzählen, bei der es nicht Voraussetzung ist, Mary Poppins gelesen oder gesehen zu haben. Denn obwohl der Score immer wieder die Lieder der Verfilmung aufgreift und obwohl es natürlich auch darum geht, wie die Figur überhaupt entstanden ist, steht doch auch eine Frau – nämlich die Autorin – mit einer bewegenden Geschichte im Vordergrund. Für diese Rolle dann die begnadete Emma Thompson gewinnen zu können, ist ein echter Glücksfall für den Film. Ihre Darstellung der mürrischsten Engländerin aller Zeiten allein ist es, die die Handlung über weite Strecken trägt. Und ihre Bissigkeit ist es auch, die immer wieder mit dem allzu disneytypischen Heilewelt-Kram des Films konkurrieren muss.

Denn dies ist die große Schwäche eines Selbstzeugnisses, wie Saving Mr. Banks es geworden ist: die fehlende Objektivität, aufgewogen mit unangenehmer Perfektion. Zu sauber sind die Rückblenden zum Anfang des 20. Jahrhunderts, zu weich und warm die Farben. Wäre die in den Rückblenden erzählte Geschichte nicht so ergreifend, der Zuschauer würde nie vergessen, dass er sich in einer Filmkulisse befindet. Gewiss, große Erzählungen wie diese bedienten sich schon immer einer stimmigen, wohl komponierten Bildsprache, die auch nicht unbedingt den Anspruch auf Realitätsnähe erhebt. In diesem Fall ist die Nachbereitung jedoch so stark ausgefallen, dass sie einfach stets gegenwärtig bleibt. Und das, obwohl die Kameraarbeit von John Schwartzman sich durchaus sehen lassen kann und bedarfsweise bedeutungsvoll, elegant oder dezent über die Szenerie schweift. Doch auch sie kommt eben nicht gegen die penetrante Antisepsis der Studiokulisse an. Eine Bar in den 1960er Jahren, in denen Niemand – wirklich Niemand raucht? Ein Walt Disney, der stets hustet, aber „nie beim Rauchen gesehen werden will“? Rühmlich, aber in dieser Zeit doch schwer vorstellbar. Ebenso schwer verdaulich ist das Bild des Walt Disney als liebenswerten Knuddelbär, der doch nur seine Liebe zu einer Kinderbuchfigur mit der ganzen Welt teilen will. Seine Herzenswärme wirkt durch die souveräne Darstellung durch Tom Hanks zwar überzeugend, wird aber mit keinerlei eventuellen Schattenseiten oder Gewinnbestrebungen in Kontrast gesetzt. Einfach jede Figur in diesem Film ist eben liebenswert, wenn nicht auf den ersten, dann eben auf den zweiten Blick (von Travers´ Mutter mal ganz abgesehen, die schlichtweg überfordert sein darf).

Umso erstaunlicher, dass Drehbuch und Dramaturgie dann dennoch so gut zusammenarbeiten. Hancock weiß um die emotionalen Knöpfe seines Publikums, und er weiß auch, sie zu drücken. Durch das ehrliche Spiel der Darsteller verkommen die Tränendrüsen-Szenen nie zu reinen Effekthaschereien, sondern bleiben immer berührend. Es ist schlichtweg die Geschichte, die hier erzählt wird, die die Menschen anspricht und mitfühlen lässt. Und obwohl der Erzählrhythmus im allgemein etwas zu schwerfällig geraten ist bleibt man doch immer mit Travers verbunden, hin- und hergerissen zwischen ihrer Öffnung für neue Menschen und Ideen und ihrer eigenen Vergangenheit. Und so wird dann aus Saving Mr. Banks doch noch ein sehenswerter, wenn auch nicht mitreißender Film.

Fazit: Wer der Realität für 2 Stunden entfliehen will und einen Sinn für herzige Geschichten hat, ist mit Saving Mr. Banks gut beraten. Die Ausdünstungen der Selbstbeweihräucherung des Disney-Konzerns steigen dem Zuschauer dann aber doch immer wieder in die Nase.

In diesem Sinne,
eure J.

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