Das verborgene Gesicht
Originaltitel: La cara oculta
Regie: Andrés Baiz
Drehbuch: Andrés Baiz, Hatem Khraiche
Ruiz-Zorrilla
Score: Federico Jusid
Darsteller: Quim Gutierrez, Martina
Garcia, Clara Lago
Wertung: 80 %
- Thriller-Kammerspiel über
Eifersucht, Vergebung und Ohnmacht -
Der junge, talentierte Dirigent Adrian
lebt in einem schönen, einsamen Haus in der Nähe von Bogota. Von
seiner Freundin per Videobotschaft verlassen, nimmt er die junge
Kellnerin Fabiana mit heim. Je öfter Fabiana die Tage allein in dem
Haus verbringt, desto mehr Eigenartigkeiten fallen ihr dabei auf: Aus
den Wasserrohren tönen seltsame Geräusche und das Wasser in ihrer
Badewanne schlägt eigenartige Wellen. Obendrein findet sie noch
einen Schlüssel, der nirgendwo hinzupassen scheint. Erst durch
Rückblicke entwirrt sich die Handlung, bei der klar wird, dass
Belén, Adrians Ex-Freundin, nicht so weit weg ist, wie sie
scheint...
Bei Das verborgene Gesicht handelt es
sich um einen jener Filme, die am meisten Spaß machen, je weniger
man über den Inhalt weiß. Deshalb rate ich hier ausdrücklich davon
ab, den Trailer zu sehen! Obwohl es gerade der Trailer war, der mich
auf den Film aufmerksam gemacht hat, habe ich mich doch geärgert,
den Clou der Handlung schon zu kennen. Der ist nämlich interessant
inszeniert und bringt jede Menge Spannung.
Der Film spielt fast ausschließlich in
Adrians Haus, was genügend Möglichkeiten für beklemmende
Situationen schafft. In dem einsam gelegenen Anwesen geht immer
wieder bei Unwetter der Strom aus, was zwar nicht besonders neu ist –
und leider auch ein wenig zu theatralisch inszeniert wird – aber
dennoch ausreicht, um eine bedrückende Atmosphäre zu kreieren.
Hinzu kommt der bedrohlich wirkende Hasso, ein deutscher Schäferhund,
den Adrians Exfreundin Belén hinterlassen hat. Er scheint Fabiana
eher zu beobachten als zu bewachen. Die merkwürdigen Vorkommnisse in
Adrians Haus, wie das erwähnte wellen-schlagende Wasser oder die
Geräusche, scheinen auf eine Geistergeschichte hinauszulaufen, doch
zum Glück entschied sich Andrés Baiz dagegen und entwickelt im
Folgenden eine stimmige Geschichte, die der bisher gesehenen Handlung
eine völlig neue Bedeutung gibt.
Das hervorragende Drehbuch wird leider
ein wenig durch die nervig-aufdringliche Musik und die eher
mittelmäßigen Schauspieler abgeschwächt. Während die Leistungen
von Quim Gutierrez für die kühle, distanzierte Figur des Adrian
noch ausreichen, schafft vor allem Clara Lago als betrogene Belén
nicht völlig zu überzeugen. Auch die dürre Martina Garcia als
Fabiana scheint nicht viel mehr zu können als fragend zu schauen,
sich zu wundern und zu fürchten, obwohl gerade der spätere
Handlungsverlauf wesentlich mehr Facetten der Figur aufzeigt.
Glücklicherweise ist der Zuschauer durch die gekonnte Dramaturgie
bereits derart in der Geschichte gefangen, dass diese etwas
enttäuschenden Darstellungen erst hinterher wirklich bewusst werden
und den Sehgenuss kaum beeinträchtigen. Dennoch stellt sich die
Frage, was für ein grandioser Film aus Das verborgene Gesicht hätte
werden können, wenn man fähigere Schauspieler gecastet hätte.
Gerade weil das Setting bisweilen klaustrophobisch anmutet, wären
intensive Darstellungen hier sehenswert gewesen, so wie es zum
Beispiel in Sleuth – Ein Mord für Zwei der Fall war.
Ebenso wie Die Haut, in der ich wohne
entspinnt der Film durch einen Wechsel aus Rückblenden und
fortlaufender Handlung eine dramatische, atmosphärisch dichte
Geschichte, die mit chirurgischer Sicherheit auf die Abgründe
menschlicher Gefühle zielt. Zwar handelte es sich bei Die Haut, in der ich wohne um eine komplexere und schockierendere Geschichte,
dennoch schafft es auch Das verborgene Gesicht, die dunklen Seiten
der Liebe aufzudecken und spannend zu inszenieren. Zum Ende hin wird
der Film zwar leider ein wenig vorhersehbar, lässt aber durch sein
offenes Ende Raum für Spekulationen. Schade nur, dass man wenig Wert
auf Kameraarbeit und Set-Ausstattung gegeben hat, hier wäre noch
einiges mehr möglich gewesen.
Fazit: Das verborgene Gesicht ist ein
weiteres Beispiel für die Fähigkeit spanischsprachiger Filmemacher,
spannende und verzwickte Geschichten zu erzählen, die uns neue
Perspektiven auf den Menschen und sein Innenleben bieten. An die
Qualität der Werke von Pedro Almodovar oder Guillermo del Toro kommt
er leider jedoch nicht gänzlich heran, was an fehlender Sorgfalt bei
der Kamera und fehlender Leistung bei den Schauspielern liegt.
Dennoch ist der Film durchaus sehenswert, vor allem, wenn man wenig
über ihn weiß.
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In diesem Sinne,
eure J.
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