Fast Verheiratet
Originaltitel:
The Five Year Engagement
Regie: Nicholas Stoller
Drehbuch: Jason Segel, Nicholas Stoller
Score: Michael Andrews
Darsteller: Jason Segel, Emily Blunt, Chris Pratt, Rhys
Ifans
Wertung: 75 %
-
Feinsinnige Komödie über die Wirrungen der Beziehung,
die etwas Schwung vermissen lässt –
Tom und Violet sind gerade ein Jahr zusammen, als Tom ihr
einen Heiratsantrag macht. Sie willigt überglücklich ein, die Hochzeit wird
geplant. Doch dann bekommt Violet ein verlockendes Jobangebot – ausgerechnet in
Michigan. Tom gibt sein Dasein als aufstrebender Koch in San Francisco auf und
zieht mit Violet um. Folge: Die Hochzeit wird erstmal verschoben…
Liebeskomödien gibt es wie Sand am Meer. Und manchmal hat
man das Gefühl, die wirklich herzerwärmenden Exemplare dieser oft belächelten
Spezies sind seit Ende der Neunziger mit Meg Ryan zusammen ausgestorben.
Clevere Filme wie Freunde mit gewissen Vorzügen gaben dann neue Hoffnung und so
gab ich Fast Verheiratet eine Chance.
Zurecht, wie sich hinterher heraus stellte. Jason Segel
bewies bereits in seinen vorangegangenen Filmen abseits von How I Met Your
Mother, dass er einfach DER Sympathiebolzen schlechthin ist, der sogar
mittelmäßige Drehbücher charmant aufwerten kann. Bei diesem Film schrieb er
auch selbst am Drehbuch mit, was durchaus positive Auswirkungen hatte. Eine
Komödie lebt von ihrem Humor und ihren Figuren. In Fast Verheiratet finden wir
menschliche, sympathische Hauptfiguren, witzige Side-Kicks und einen erfrischend
knuffigen Humor, der bewusst Abstand vom derzeitigen Trend zum absolut Vulgären
nimmt. Statt Baby-Kacke in Papas Mund (Wie Ausgewechselt) oder einer hautnahen
Entbindung (Wanderlust) erleben wir hier, wie zwei Menschen es über Jahre nicht
hinbekommen, sich zu heiraten. Und das aus Gründen, die sehr realistisch
gewählt wurden und auf komplett hirnrissige Absurditäten verzichten.
Neben dem Drehbuch sind aber auch die Darsteller verantwortlich
für die Qualität des Films. Emily Blunt beweist einmal mehr, dass sie nicht nur
eine Schönheit, sondern auch eine gute Schauspielerin ist. Sie und Segel
harmonieren unheimlich gut miteinander, so dass ihre Beziehung den gesamten
Film über authentisch wirkt. Rhys Ifans kann man dafür als aalglatten Psychologie-Professor
von Herzen verabscheuen. Die übrigen Charaktere wurden bewusst stereotyp
gewählt, wirken aber dennoch menschlich und liebenswürdig (oder seltsam), was
sicherlich auch an deren Darstellern liegt. Auf diese Weise entsteht ein
Gleichgewicht zwischen den komplexen Hauptfiguren und deren einfacheren
Begleitern, sodass man sich getrost auf Tom und Violet konzentrieren, aber
dennoch über die anderen Figuren lachen kann (mein persönlicher Favorit ist die
mürrische Chefin des Restaurants, in dem Tom arbeitet, dargestellt von Lauren
Weedman. Nicht mal ein abgeschnittener Finger kann sie von ihrer schlechten
Laune abbringen).
Kamera und Musik erfinden das Genre nicht gerade neu,
passen aber in jeder Szene wunderbar und unterstreichen die jeweilige Stimmung
dezent, aber gekonnt. Im Mittelpunkt stehen eindeutig Violet und Tom.
Glücklicherweise sind die beiden derart realistisch und menschlich, aber auch
witzig entwickelt, dass es Spaß macht und den Zuschauer mitfühlen lässt, wenn
man ihnen bei ihren Irrungen und Wirrungen zuschaut. Aus einer gewöhnlichen Liebeskomödie
wird so eine Komödie über die Liebe.
Einziges Manko des Films ist die Laufzeit. Mit knapp 130
Minuten geht er für eine romantische Komödie entschieden zu lang. Gleichzeitig
ist das aber auch der Vorteil von Fast Verheiratet: Durch die lange Laufzeit
entsteht genug Spielraum für komplexe Figuren und eine realitätsnahe
Charakterentwicklung über mehrere (wie der Titel schon sagt: 5) Jahre. Wenn der
Zuschauer allerdings nach zwei Dritteln bereits anfängt auf die Uhr zu schauen,
ist das nicht gerade ein Zeichen für einen gelungenen Spannungsbogen. Dem Film
fehlt es gelegentlich an Schwung, sodass zwar keine Langeweile aufkommt, aber
eben auch keine sonderliche Spannung. Durch den ein oder anderen Zeitsprung hätte
das sicherlich umgangen werden können, ohne die Figurenzeichnung zu grob werden
zu lassen.
Fazit: Fast Verheiratet ist ein gutes Beispiel dafür,
dass romantische Komödien auch heute noch liebenswürdig und zumindest in der
Nähe der Realität angesiedelt sein können. Wer selbst in einer längeren
Beziehung lebt oder gelebt hat, der kann die Entwicklungen der Handlung
durchaus nachvollziehen und identifiziert sich leicht mit den Hauptfiguren.
Alles in allem also ein sympathischer Film, der leider etwas zu lang geworden
ist.
In diesem Sinne,
eure J.
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