Black Panther

Originaltitel: Black Panther
Regie: Ryan Coogler
Drehbuch: Ryan Coogler, Joe Robert Cole
Score: Ludwig Göransson, Kendrick Lamar
DarstellerInnen: Chadwick Boseman, Lupita Nyong’o, Danai Gurira, Michael B. Jordan, Andy Serkis


Wertung: 86 %

- Weniger Superheldenfilm als vielmehr mitreißende, postkoloniale Utopie, dabei frisch, kreativ und absolut sehenswert -


Wakanda ist ein kleiner afrikanischer Staat, der zufällig auf dem größten Vibranium-Vorkommen der Welt errichtet wurde. Der Abbau des Metalls ermöglicht es seinen EinwohnerInnen, die fortschrittlichste Technologie, die beste Medizin und die nachhaltigste Energiepolitik zu entwickeln. An seiner Spitze steht der frisch zum König ernannte T’Challa, der immer noch den Tod seines Vaters verwinden zu sucht. Zeit bleibt dafür nicht, denn Eric „Killmonger“, ein abtrünniger Prinz Wakandas, der in den USA aufgewachsen ist und dort vor allem Rassismus und Unterdrückung erfahren hat, greift nach dem Thron. 

Aha, schon wieder also ein Superheldenfilm aus dem MCU. Haben wir es nicht bald geschafft? Beginnt bald der Infity War? Ja, haben wir. Am 26. April 2018 ist es so weit: Der Kampf gegen Thanos und um die Infinity-Steine beginnt. Bis dahin dürfen wir aber noch den Black Panther besser kennenlernen, eben jenen wakandanischen Prinzen, dessen Vater bei einem Anschlag in Captain America: Civil War getötet worden war. Ach, vergessen wir den Prinzen. Viel spannender ist die Reise nach Wakanda selbst, jenen fiktiven afrikanischen Staat, der nie kolonialisiert wurde und sämtlichen anderen Regionen der Welt um locker 100 Jahre voraus ist – was sowohl Technologie als auch Selbstverständnis angeht.

Damit sind wir sofort im Kern des Films. Die Effekte, die rasanten Verfolgungsjagden und die wummernde, basslastige Musik – das ist alles nur Show. In Wirklichkeit ist Black Panther eine afrofuturistische Utopie, die den Gedanken weiterspinnt, was mit Afrika hätte passieren können, wenn die stupid white men es nicht kolonialisiert hätten. Wir reisen in ein Land, das seine Traditionen nicht vergessen hat, diese aber mit fortschrittlicher Technologie verbinden konnte. Ein Land, in dem Männer und Frauen gleichwertig sind und das Geschlecht eines Menschen eher nebensächlich. Und wir lernen einen Superhelden kennen, dessen wichtigste Aufgabe es ist, sein Land zu leiten und nebenbei auch noch jenen zu helfen, die es nötig haben. Dabei stehen nicht Krieg und Zerstörung im Vordergrund, wie es bei den meisten Avengers der Fall ist. Anders als Tony Stark, der Ex-Waffenhersteller oder Captain America, der Weltkriegsveteran, hat T’Challa keine kriegsbezogenen Altlasten. Und anders als fast alle Avengers ist er nicht allein. Er hat kein Agressionsproblem, das ihn in ein grünes Monster verwandelt und in die Isolation treibt. Er kämpft auch nicht mit seiner Identität, die zwischen Maschine und Gott changiert, wie es bei Vision der Fall ist. Er hat eine wirkliche clevere Schwester, die ihn mit frischer Ausrüstung versorgt, ohne dabei ein völliger Nerd zu sein, eine sorgende Mutter, einen Rat der fünf Stämme Wakandas und nicht zuletzt eine wirklich, wirklich coole Leibgarde, deren Generälin Okoye ziemlich gut weiß, „how to kick ass.“ 

Es sind also keine persönlichen Verwicklungen, die den Black Panther antreiben. Er hat andere Probleme, denn mit Eric „Killmonger“ Stevens muss er sich einem Bösewicht stellen, der nicht von Grund auf böse ist, sondern dessen alltägliche Rassismus-Erfahrungen ihn geprägt haben. Seine Lösung für das Problem: eine schwarze Revolution, ausgestattet mit den Waffen Wakandas. Das wirft eine weitere Frage auf: Denn Wakanda konnte sich nur deshalb so prächtig entwickeln, weil es sich nach außen als das Gegenteil präsentiert, ein Land der Busch-Hirten, in dem es nichts zu holen gibt. Der Waffenhändler Ulysses Klaue, den wir schon aus Avengers: Age of Ultron kennen, ahnt jedoch, dass dieses Bild nicht der Wahrheit entspricht. T’Challa muss sich entscheiden: Wird er sein Land weiter vor der Welt geheim halten oder sich öffnen? Was wird er selbst gegen den anhaltenden Rassismus tun? 

Black Panther ist also ein erfrischend selbstloser Superheld. Das macht ihn aber auch leider zu einem der langweiligsten und auch zum schwächsten Punkt des Films. Es gelingt Ryan Coogler einfach nicht, das Publikum an seine Hauptfigur zu binden. Sein Vorteil ist aber, dass er sich dessen durchaus bewusst ist. Deshalb verfolgt er auch lieber die übrigen Figuren wie Eric Stevens, T’Challas Schwester Shuri und natürlich Okoye. Selten schaffte es ein derart heteronormatives Genre wie der Superheldenfilm, so vielschichtige Figuren zu präsentieren, davon auch noch einige Frauen, die intelligent, stark und liebenswert sind und deren Aufgabe nicht darin besteht, sexy hautenge Anzüge zu tragen (sorry, Black Widow!). Coogler schafft es, mit diesen Figuren eine Vielzahl gesellschaftlich relevanter Themen anzusprechen, ohne den Moral-Hammer dafür zu brauchen. Fast beiläufig wirft Killmonger die Frage auf, woher eigentlich die Exponate einer Afrika-Ausstellung in den USA stammen. Beiläufig entledigt sich Okoye ihrer Perücke und nutzt sie lieber als Waffe. Dabei vergisst Coogler nie, dass Black Panther ein unterhaltsamer Film sein soll. Die Effekte sind ordentlich, die Musik mitreißend und der Spaß kommt auch nicht zu kurz. Wir sind eingeladen zum Staunen, seien es nun die fantasievollen, knallbunten Kostüme, die glaubhafte und ausdifferenzierte Welt Wakandas oder schlicht eine rasant geschnittene Auto-Verfolgungsjagd. Außerdem kommt die Montage endlich mal wieder ohne unnötige Längen im Erzählrhythmus aus. 

Kurz: Black Panther ist der erste sozio-kulturell interessante Film des MCU, der uns nicht nur unterhält, sondern auch auf positive Weise nachdenklich machen kann. Denn trotz allem bleibt T’Challa und mit ihm der Ton des Films optimistisch. Die Rettung der Welt besteht eben nicht darin, sich mit dem fiesen Schurken zu prügeln (auf diesen Umstand hat uns ja bereits das Ende von Doctor Strange vorbereitet). Und sie ist auch keine unerträgliche Bürde, die den Helden sämtliches Privatleben kostet (ja ich meine dich, Steve Rogers!). Stattdessen kann jeder dazu beitragen, ob er nun einen schwarzen Katzenanzug aus Vibranium trägt oder nicht.

In diesem Sinne,

eure J.

Kommentare

  1. "und sämtlichen anderen Regionen der Welt um locker 100 Jahre voraus ist ...Staatsphilosophie"

    Deine Staatsutopie in 100 Jahren geht also von einer Monarchie aus, deren Übergang Zweikämpfe der Thronanwärter erfordert? ;-)

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    1. Zugegeben, "Staatsphilosophie" ist nicht das richtige Wort. Ich meinte wohl eher etwas diffuseres, wie "Selbstverständnis."

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    2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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