Drecksau

Originaltitel: Filth
Regie: John S. Baird
Drehbuch: John S. Baird, Romanvorlage: Irvine Welsh
Score: Clint Mansell
Darsteller: James McAvoy, Jamie Bell, Imogen Poots, Eddie Marsan


Wertung: 100 %

- Höchst intensives Thriller-Drama um die korrupteste Drecksau aller Zeiten - 


Bruce "Robo" Robertson ist Polizist in Edinburgh. Er ist nicht dein "Freund und Helfer". Er säuft, kokst und vögelt in der Gegend rum, egal ob die Frau seines Kollegen oder eine Minderjährige, die ihm einen blasen soll. Aufgrund seiner ständigen Intrigen scheint es, als mogle er sich durchs Leben, ohne den Preis für seine Fehler zahlen zu müssen. Er hat eine wunderschöne Frau und eine süße Tochter. Doch bald wird klar: Für Bruce ist die Realität vielleicht nicht das, wonach es scheint.

Nach 20 Jahren erscheint mit Drecksau endlich wieder eine Irvine-Welsh-Verfilmung, die das Ohr der breiten Öffentlichkeit erreicht. Doch während Trainspotting ein fiebriger, ebenso amüsanter wie erschreckender Trip in den Untergrund der Heroin-Welt war, ist aus Drecksau eine unaufhaltsame Fahrt in den Abgrund einer zerstörten Seele geworden.

Der Zuschauer folgt dem Arschloch von Hauptfigur auf Schritt und Tritt durch seinen kleinen, missglückten Kosmos, ja, wird sogar von ihm selbst an die Hand genommen und angesprochen. Der große, vor Selbstüberschätzung strotzende Bruce Robertson erklärt uns die Welt. Die Kamera bleibt dabei subtil, aber dicht an ihm dran, unterstützt von Bruce´ abschätzigen Kommentaren aus dem Off. Dies ist der spaßigste Teil des Films, wir suhlen uns zusammen mit der Drecksau im Schlamm seiner Umwelt, die er auf perfide Weise durch Intrigen und permanente Lügen und Verstellungen beherrscht. Bruce vertraut Niemanden, erweckt aber gern den Eindruck, dass man allein ihm vertrauen könne. Dabei verhält er sich eben immer genauso, wie sein Gegenüber es erwartet. Auf diese Weise scheint er jeden gegen jeden auszuspielen, während er selbst allein als Sieger hervorgeht.

Erfrischend ist hierbei die Konsequenz, mit der James McAvoy seine Rolle verkörpert. Frei nach dem Motto "Was wäre das Widerlichste, was Jemand in dieser Situation tun könnte?" - er tut´s. Dabei geschieht nie ein Bruch zwischen Film und Realität, obwohl wir McAvoy bisher eher aus sympathischen bis jungenhaften Rollen kennen. Die Intensität, mit der er Bruce verkörpert, ist schon beinahe greifbar und verleiht seiner Darstellung eine unheimliche Präsenz und Glaubhaftigkeit.

Abgerundet wird dieser stimmige Eindruck von dem swingenden bis funkigen Soundtrack, der in der ersten Häfte des Films den Drive und Spaß unterstreicht, mit dem der unbescholtene Bürger in den buchstäblichen Dreck abtaucht. Dramaturgisch genial gelöst auch die von Beginn an eingestreuten Off-Kommentare und Szenen mit Bruce´ Frau, die erzählt, warum sie und ihr Mann so eine tolle Beziehung führen. Denn je weiter sich Robertsons Spirale in die Tiefe schraubt, desto mehr zweifelt der Zuschauer an dem Wahrheitsgehalt dieser Aussagen. Es ist dieser perfekt kontrollierte Zweifel, der sich dann durch die zweite Hälfte des Films zieht, in der immer mehr Abgründe in Bruce´ Vergangenheit aufgedeckt werden und den Ist-Zustand erklären. Ungläubig bis bereits ahnend erkennen wir die Wahrheit und vergessen den teuflischen Spaß, den es gemacht hat, dem Leben einer Drecksau zu folgen.

Der Film entwickelt dabei einen ungeheuren Sog. Die Schnitte nähern sich immer weiter unangenehmen Blackouts, alles beginnt, sich zu drehen. Die Effekte für Bruce´Halluzinationen wurden dabei sparsam genug eingesetzt, um einen zeitlosen Charakter der Erzählung aufrecht zu erhalten. Nicht plumpes Erschrecken des Publikums ist hier das Ziel, sondern das Sichtbarmachen eines gestörten Geistes. 

Fazit: Wer sich auf einen fäkalsprachigen Klamauk freut, wird nur halb so viel Freude an Drecksau haben. Wer sich aber auf den Abstieg in die Tiefen des haltlos Bösartigen einlässt, wird mit einem atmosphärisch dichten Höllentrip belohnt, an dem es einfach nichts auszusetzen gibt.

In diesem Sinne,
eure J.

Ähnliche Filme: Trainspotting, Black Swan, Requiem For A Dream

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