Silver Linings
Originaltitel: Silver Linings Playbook
Regie: David O. Russel
Drehbuch: David O. Russel
Score: Danny Elfman
Darsteller: Bradley Cooper, Jennifer Lawrence, Robert De
Niro
Wertung: 72%
-
Liebenswerte Komödie über den ganz normalen Wahnsinn –
Pat leidet an einer manisch-depressiven Störung, seit er
seine Frau inflagranti unter der Dusche erwischte und deren Liebhaber beinahe
zu Tode prügelte. Nach Monaten in einer Klinik darf er zurück zum
Kleinstadtleben seiner Eltern – fest davon überzeugt, seine Frau
zurückzugewinnen, wenn er sich ändert. Dabei trifft er auf Tiffany, die
ebenfalls schwer depressiv wurde, nachdem ihr Mann gestorben war. Die beiden
beginnen, sich gegenseitig zu helfen, ohne es recht zu merken.
Silver Linings ist ein etwas unkonventioneller
Feel-Good-Movie, den man nicht gesehen haben muss, der aber durchaus Spaß
macht. Story und Setting sind dabei angenehm unprätentiös, vielleicht fast
schon ein wenig absichtlich normal. Es scheint beinahe, als versuche Russel
möglichst viele Hollywood-Klischees zu vermeiden, was er natürlich nicht völlig
schafft.
Zwar ist die Hauptfigur Pat kein gutangezogener
Strahlemann (sondern hat sogar einen ziemlich üblen Kleidungsstil) und er lebt
auch nicht als erfolgreich in New York, aber es ist immer noch Bradley Cooper,
der ihn spielen darf. Und der hat sich bisher vor allem als Eye-Candy einen
Namen gemacht, nicht unbedingt als leistungsstarker Schauspieler. In Silver
Linings erhält er die Chance, das zu ändern – und schafft es auch. Die tapsige
Trotteligkeit, mit der er seine Figur ausstattet, macht Pat sofort sympathisch,
sodass es leicht ist, ihm die gesamte Spiellänge durch die Handlung zu folgen.
Seine Erkrankung bleibt dabei exemplarisch dargestellt, es geht nicht darum,
ein möglichst facettenreiches Bild eines manisch Depressiven
heraufzubeschwören. Und das ist auch gut so, denn schließlich handelt es sich
ja trotz allem um eine Komödie.
Des Weiteren darf sich das Cineasten-Auge an Jennifer
Lawrence erfreuen. Es ist immer wieder ein Augenschmaus, sie zu sehen, fallen
bei ihr doch ausnahmsweise gutes Aussehen und Talent zusammen. Man merkt ihr
die Spielfreude an, mit der sie die ruppige, schlagfertige und doch
zerbrechliche Tiffany mimt. Schade nur, dass sie immer gut geschminkt und
gertenschlank daher kommt, wahrscheinlich, damit sie besser zum gut trainierten
Cooper passt. Hier scheint doch Russels Gebundenheit an die Hollywood-Konventionen
durch, frei nach dem Motto: „Ohne gutaussehende Schauspieler kann man mit einer
ungewöhnlichen Story kein Geld verdienen.“ Dieser Punkt widerspricht einfach
seiner propagierten Realitäts-Treue, die den ganzen Look des Films bestimmen –
nur eben nicht den der Hauptdarsteller.
Über Robert De Niro als Pats Vater brauchen ja genau
genommen keine Worte verloren zu werden. Es ist einfach Robert De Niro! Der
Story und seiner Rolle entsprechend spielt er angenehm zurückgenommen, versucht
nicht, die Aufmerksamkeit an sich zu reißen. Wie Cooper und Lawrence wirkt auch
er authentisch, trotz der komödiantischen Überzeichnung. Ich denke, mehr
braucht nicht geschrieben zu werden.
Schade ist es mal wieder um Danny Elfman. Vorbei die
glorreichen Zeiten, in denen er für Filme wie Edward mit den Scherenhänden oder
Spider-Man grandiose Themen entwickelte, die den Zuschauer mitgerissen und
berührt haben. In Silver Linings merkt man nichts mehr von seinem einstigen
Talent, die Musik hätte auch von jedem x-beliebigen anderen Komponisten stammen
können. Schade, schade – aber leider auch nichts Neues.
Fazit: Silver Linings ist ein liebenswerter Film, der ein
wenig Zeit braucht, um in Fahrt zu kommen. Die Wortgefechte zwischen Jennifer
Lawrence und Bradley Cooper sind dabei das Beste und wirklich sehenswert,
ebenso wie das schwer vorhersehbare Finale. Dennoch scheinen immer wieder
Hollywood-Allüren durch, die nicht zur unprätentiösen Attitüde des Films passen.
Wer ein wenig gute Laune tanken will, dem sei zu Silver Linings geraten, wer
den besten Film des Jahres erwartet, wird dagegen enttäuscht sein.
In diesem Sinne,
eure J.
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