King Arthur: Legend of the Sword

Originaltitel:
Regie: Guy Richie 
Drehbuch: Joby Harold
Score: Daniel Pemberton
Darsteller: Charlie Hunnam, Jude Law, Ástrid Bergès-Frisbey


Wertung: 80 %

- Rasantes Fantasy-Epos in reiner Richie-Marnier, das mit stimmigen Effekten und mitreißendem Score punktet, aber auch einige Fragen aufwirft - 


Britannien im frühen Hochmittelalter: Der junge Arthur wächst im Schutze eines Bordells zum Mann heran, ohne zu ahnen, dass er der rechtmäßige König Englands ist. Während er sich schlagfertig durch die Gassen Londinums arbeitet, wartet bereits das sagenumwobene Schwert Exkalibur darauf, von ihm aus dem Stein gezogen zu werden. Denn nur, wer das Schwert zu ziehen vermag, kann der Schreckensherrschaft von Vortigen, Arthurs Onkel, ein Ende setzen. Der Rest ist Legende…

Wenn Guy Richie sich eines Stoffes annimmt, hinterlässt er seine Handschrift darauf. Und das auch gern eher mit der Faust als mit Feingefühl. Ähnlich erging es schon Sherlock Holmes, der durch Richie zum schrulligen, aber zupackenden Abenteurer wurde – und so geht es denn auch König Artus, der bei Richie zum ultra-maskulinen Fantasy-Recken mutiert. Dabei helfen ihm mit Liebe zum Detail gestaltete Sets und Kostüme, Darsteller mit Herz, Effekte mit Karacho und ein Score mit viel Bass und Epik. Das allein würde King Arthur: Legend of the Sword zu einem annehmbaren Sommer-Blockbuster machen. Guy Richie ist allerdings ein wenig mehr als das gelungen. Natürlich erfindet er das Rad nicht neu und die ein oder andere fragwürdige Kleinigkeit gilt es noch zu klären, aber insgesamt überrascht Richie mit seinem Mut zum Pathos, einem etwas geringer dosierten Humor und einem stimmigen Drehbuch.

Seit Jahren wird es ja immer wieder postuliert, aber inzwischen scheinen wir wirklich an einem Punkt angekommen zu sein, an dem einerseits alles möglich ist und andererseits alles erzählt. Dessen ist Richie sich durchaus bewusst. Die Artus-Sage geht zurück bis ins frühere Mittelalter und erzählt in vielen, vielen Versionen eine Geschichte von Eroberungen, Ehre, bösen und guten Magiern, holden Frauen und starken Männern. Gelegentlich übertreibt Richie es vielleicht ein bisschen, wenn er aus Arthur einen muskelgestählten Haudegen macht, der vor allem gut grimmig gucken, breitbeinig dastehen und Leute verkloppen kann. Charlie Hunnam kann man da keinen Vorwurf machen, er erfüllt seine Rolle sehr überzeugend und bemüht sich, sie so sympathisch wie möglich zu gestalten. Leider sieht das Drehbuch nicht genügend echte emotionale Anknüpfungspunkte für Arthur vor, der stattdessen immer wieder bereits während des Films enorm überhöht wird. Und mit seiner Mischung aus Londoner Schlitzohr und grimmigen Herrscher fehlt dem modernen Zuschauer durchaus das ein oder andere Quäntchen Diplomatie und Weitsicht. Das passt zwar zu Richies bisherigen Werken, bereitet aber auch den Boden für die ein oder andere unfreiwillige Brexit-Assoziation, die vermutlich nicht intendiert war.

Natürlich ist Richie bei Weitem nicht der einzige, der in der aktuellen Kinolandschaft den Mann als Krieger wiederbeleben will, als Kampfmaschine mit Herz und Ehre. Fast alle Superhelden-Filme tun das, insbesondere Marvel-Produktionen. Jetzt kann man sich fragen, bei welchem Stoff das passender ist: bei einem Film, der im aktuellen New York oder in Camelot spielt. Und genau deshalb funktioniert King Arthur: Legend of the Sword nämlich trotz aller Anachronismen und Fallstricke: Er präsentiert uns eine Sage, eine Legende. Wir haben es mit Magiern, Riesenschlangen, Sirenen und Vorsehung zu tun. Warum also so tun, als sei hier irgendetwas halbwegs realistisch? Stattdessen hat Richie es geschafft, einen Cast zu versammeln, der reine Spielfreude verbreitet, vom Hauptdarsteller bis zur kleinsten Nebenfigur. Die Optik ist sicherlich Geschmackssache, stellt aber meiner persönlichen Meinung nach eine gelungene Mischung aus Neunziger-Jahre-Heavy-Metal-CD-Covern und Hipster-Bärten dar. Insbesondere der Kampf zwischen Vortigen und Arthur ist eine reine Kleiner-Junge-Fantasie, die in ihrer Konsequenz und Dramatik zu gefallen versteht. Richie war noch nie ein Regisseur, der es allen Recht machen wollte. Dass auch dieser Streifen ganz klar von ihm kommt und nicht in Schnitt oder Ausstattung an aktuelle Massenware anknüpfen will (auch, wenn er es gelegentlich tut), erfrischt und hebt den Film angenehm ab. Letztlich ist es auch die einprägsame und sehr präsente Musik von Daniel Pemberton, die die Stimmung immer wieder tragen kann.

Hier und da fallen dann allerdings doch kleine Details unangenehm ins Gewicht: Es stellt sich zum Beispiel die Frage, ob Arthur so eine Art Jung-Zuhälter in dem Bordell wird, in dem er lebt. Ein wirklich cooler King Arthur hätte nicht nur säumige oder brutale Freier verdroschen, um die betroffene Frau mit Geld zu entschädigen, er hätte zur Emanzipation und Freiheit dieser Frauen, die er selbst als seine Freunde bezeichnet, beigetragen (zum Beispiel mit den enormen Gold-Mengen, die er heimlich sammelt). Aber wir haben es hier nun mal mit einem waschechten und nicht sehr modernen Action-Film zu tun, also kloppen sich die bärtigen, schmutzigen Männer nun mal, weil es ihnen mehr Spaß macht, als zu verhandeln. Man kann das Richie gerade so noch verzeihen, weil es einerseits einen irren Gaudi macht, bei diesen Prügeleien zuzuschauen und andererseits gibt es ja da immer noch die Magierin. Als mächtige und selbstbestimmte Frau steht sie ihm zwar zur Seite und hat auch echt super praktische Fähigkeiten, bleibt aber immer eine frei handelnde Figur. Auch Maggie, eine Magd am Hofe Vortigens und heimliche Spionin für Arthur, sowie die genial animierten Sirenen, denen selbiger seine Macht verdankt, stellen interessante Frauenfiguren dar, die leider erst auf den zweiten Blick ins Gewicht fallen. Das Augenmerk liegt dann doch eher wieder auf dem kumpeligen Männerhaufen rund um Arthur. Verständlich, dass sich nicht jeder Zuschauer und jede Zuschauerin dabei abgeholt fühlen dürfte.

Noch einmal positiv hervorzuheben sind allerdings die darstellerischen Leistungen, und zwar egal, ob männlich oder weiblich. Charlie Hunnam geht völlig in seiner Rolle auf und auch Jude Law macht es sichtlich Spaß, eine durch und durch böse Gestalt verkörpern zu dürfen, die von ihrem Hunger nach Macht schlicht zerfressen wird. Kritik hagelte es bereits überall für David Beckham, der in einer kleinen, aber nicht ganz unwichtigen Rolle zu sehen ist. Zum Glück ist er hinter seiner Narben-Maske kaum zu erkennen – vielleicht bügelt die deutsche Synchronisation auch das ein oder andere aus. Jedenfalls ist das ganze Tamtam um seine Darstellung völlig unnötig. 

Fazit: Wer Guy Richies Interpretation von Sherlock Holmes mochte, wird auch seine Version von König Artus mögen. Der Film entfaltet genügend und gebührenden Pathos, um der Quelle gerecht zu werden, lässt aber zwangsläufig dadurch auch etwas moderne Reflexivität vermissen. Stattdessen hat Richie einen waschechten und Yippie-Ya-Yeah-Schweinebacke-mäßigen Actionfilm geschaffen, der daran erinnert, wie es war, als Kind mit Stock durch den Wald zu rennen und sich vorzustellen, es wäre ein mächtiges Schwert.

In diesem Sinne,

eure J.

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