Fifty Shades of Grey 2: Gefährliche Liebe

Originaltitel: Fifty Shades Darker
Regie: James Foley
Drehbuch: Niall Leonard
Score: Danny Elfman
Darsteller: Jamie Dornan, Dakota Johnson, Kim Basinger


Wertung: 41 %
  • Auf den ersten Blick langweilige, auf den zweiten Blick bedenkliche Fortsetzung -


Während Anastasia Steele in der Lektoratsbranche Fuß fasst, tritt der eh und je charmante Millionär Christian Grey wieder in ihr Leben. Gegen ihre Vorsätze versucht sie erneut, mit ihm eine Beziehung zu führen, scheitert jedoch immer wieder an der Frage, ob sie wirklich ist, was Christian braucht…

Da ist er nun also, der zweite Teil der Fifty-Shades-Reihe. Wir schauen von neuem zwei hübschen, jungen Menschen dabei zu, wie sie versuchen, eine Beziehung zu führen und dürfen mit Bella - Entschuldigung! - Anastasia hoffen und bangen, ob daraus etwas wird. Schließlich ist Christian nicht nur reich und schön, sondern auch noch emotional gebeutelt und tief verwundet! Da schlägt so manches Frauenherz doch gleich höher, wie uns die Besucherzahlen des Films glauben machen. Und schon sind wir mitten in den - alten und neuen - Problemen der Reihe. 

Erstes Problem: die völlig unrealistischen Vorstellungen von Liebe, die dieser Film entwirft. Christian ist durch seine frühesten Kindheitserfahrungen traumatisiert. Eine Lösung in der echten Welt wäre eine Therapie. In der elegant-glatten Welt von E.L. James (für alle, die es nicht wissen: die Autorin der Shades-Bücher) ist es aber natürlich die Liebe zu der einen, richtigen Frau, die das Heil bringen soll. Ana ist die perfekte Kandidatin, denn obwohl sie nicht allzu viel von sich selbst hält, hinterfragt sie Christians Vorlieben und seinen Kontrollzwang immer wieder und versichert ihm, Interesse an seinem „echten“ Charakter zu haben. Das degradiert im Grunde alle vom Film gezeigten Eigenschaften von ihm zu krankhaftem Verhalten. Das große Problem dabei ist aber nicht nur diese Stigmatisierung von psychischen Störungen als solche, sondern auch, dass es gleichzeitig genau diese Eigenschaften sind, die Christian Grey so anziehend machen und die als erotisch dargestellt werden: Im Bett ist Christians Kontrolle von Ana gewollt, seine herrische Art und sein übertriebener Beschützer-Habitus sollen ansprechend wirken. Obwohl bereits im ersten Teil der Gedanke etabliert wird, SM sei nur Ausdruck von Christians Störung (dazu gleich mehr), werden die einzelnen Praktiken, die auf jeden Erwachsenen mit Internetzugang beinahe lächerlich harmlos wirken, erotisch aufgeladen und inszeniert. Sobald Ana sie aus freien Stücken zulässt, indem sie Christian zum Beispiel bittet, sie zu schlagen, werden sie zu positiver Erotik. Fast scheint es, als könnten sich die Drehbuchautoren nicht entscheiden, ob SM nun krank oder sexy sein soll oder schlichtweg sexy weil eigentlich krank. Wie schon der erste Teil wirft nun also auch der zweite Teil ein höchst unrealistisches Bild auf BDSM-Praktiken (entsprechende Analysen gibt es dazu bereits genügend). Immerhin, in diesem Teil gibt Christian zu, kein eigentlicher Dom zu sein, sondern ein Sadist, der gern Frauen quält, die wie seine Mutter aussehen. An sadistischem Verhalten ist nichts Erotisches. Es bedeutet, dass ein Mensch anderen Menschen vorsätzlich und zum eigenen Lustgewinn Schaden zufügt. Über diesen Umstand geht Anas Liebe aber natürlich weit hinaus. Sie weiß: Wenn sie ihn nur genug liebt und er sie genug liebt, dann besiegen die beiden zusammen Christians dunkle Seite. 

Die Frage ist allerdings - und das ist das zweite Problem: Was bleibt von Christian Grey übrig, wenn er nicht der kontrollierende Millionär sein darf? Wie wir im zweiten Teil feststellen: nicht viel, außer seinem Geld und seinem Körper. Denn die beiden haben weiterhin tollen Sex und Ana lässt sich auch gern von Christian beschenken - auch, wenn sie das Gegenteil behauptet. Klar, die 24 000 Dollar hat sie eigentlich nicht gebraucht, aber dass er ein Boot hat oder Flugzeug fliegen kann ist doch ganz schön. Da lässt man sich als Frau doch gern bedienen. Es ist aber nicht so sehr das Frauenbild, das in dem Film problematisch ist. Zwar stört Anas Heuchelei extrem (sie will sein Geld nicht, erbleicht aber jedes Mal vor Ehrfurcht, wenn sie etwas von Christians Luxus zu sehen bekommt), es ist aber vielmehr das vermittelte Männerbild, das hier verstört. Christian Grey ist der moderne Prototyp vom gequälten, leidenden Mann, der von einer liebenden Frau gerettet werden muss. Das Widersprüchliche daran ist, wie oben bereits beschrieben, dass seine Erotik gleichsam von seiner Störung ausgeht. Männer sollen wieder die Kontrolle übernehmen? Männer können Frauen schlicht durch ihre wirtschaftliche Kraft und Geschenke beeindrucken (siehe Apple Product-Placement. Er schenkt ihr ein MacBook und ein neues iPhone zur Kommunikation. Hatte sie vorher kein Telefon? Hätten sie nicht einfach Nummern austauschen können?). Natürlich braucht Ana all das nicht, weil sie selbst einen Beruf ausübt. Und gewissermaßen kann der Umstand, dass sie erst von ihrem Boss begrapscht wird und dann nach dessen Rausschmiss seinen Platz einnimmt, sogar emanzipatorisch gelesen werden. Aber irgendwie sind all die schönen Dinge auch toll. Die dicken Autos (zufällig alles Audis), die schönen Kleider, die eleganten Anzüge, die Restaurants, Boote, Hubschrauber. Interessanterweise erfährt der Zuschauer nichts über Christians Beruf, weniger sogar noch als im vorangegangenen Teil. Es interessiert schlicht nicht, woher das Geld kommt, Hauptsache, es ist da. Selbst wenn Fifty Shades of Grey also nichts weiter als ein unterhaltender Film sein will, der für zwei Stunden zum Schmachten einlädt, stoßen diese Grundannahmen sauer auf. Vielleicht sogar, gerade weil Fifty Shades nur unterhalten will. Was bedeutet es für unsere Gesellschaft, wenn Millionen von Frauen einem Mann hinterher sabbern, der sich eigentlich nur durch krankhaftes - und gewalttätiges! - Verhalten, einen muskulösen Körper und ein dickes Konto auszeichnet? Eine Frage, vor deren Antwort es beinahe graust.

Doch zurück zum Film: Rein handwerklich lässt die Dramaturgie des neuen Teils vor allem Spannung und schlicht Handlung vermissen. Worum geht es in diesem Film eigentlich? Man könnte jetzt sagen: zwei Menschen, die entgegen allen äußeren Umstände versuchen, eine Beziehung zu führen. Nur leider trägt dieser Umstand allein nicht über zwei Stunden Filmlaufzeit. Daran ändern auch neue und unnötig stereotype Figuren - wie Christians „Mrs. Robinson“ und Anas widerlicher Chef - nichts. Einzig interessante neue Figur stellt eine von Christians Ex-Sklavinnen dar, allerdings nicht, weil sie Ana stalkt, sondern weil sie ein neues, bzw. altes Licht auf Christian selbst wirft. Und so ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, dass die einzig wirklich interessante Sequenz des Films die ist, in der Christian durch diese junge Frau mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert wird. Hier wären ein paar echte und komplexe Statements zum Thema „Beherrschung - Unterwerfung“ möglich gewesen, Regisseur Foley beschränkt sich aber lieber darauf, einen kurzen Schock-Moment daraus zu machen, aus dem eigentlich keine Konsequenzen entstehen (wie auch sonst alles, was Christian tut, ohne Konsequenzen bleibt, weil Anas Liebe zu ihm einfach zu stark ist). 

Neben den flachen Charakteren sind es diesmal leider auch vermehrt die Dialoge, die vornehmlich die Qualität von Instagram-Motivationssprüchen haben (ja genau solche, die gern mit Fotos von Sonnenuntergängen kombiniert werden). Hier überraschte der erste Teil zumindest passagenweise mit durchaus interessanten Brüchen, beispielsweise, wenn Christian der noch ganz naiv-verdutzten Ana aus heiterem Himmel zuraunt, dass sie eine Woche nicht sitzen könne, wenn sie erst ihm gehöre. Dieses Spiel mit dem eigenen Genre fehlt diesmal leider völlig, da der Film sich konsequent viel zu ernst nimmt. Ebenso wenig erinnerungswürdig ist diesmal die Auswahl des Soundtracks und die Bildsprache. Die Sets und Kostüme sind zwar der Handlung entsprechend hochwertig, aber einen ganz eigenen Stil, wie der erste Teil ihn etablierte, wird man hier vergeblich suchen.

Bleiben also noch die darstellerischen Leistungen. Fast tun Dakota Johnson und Jamie Dornan dem Zuschauer leid, wenn sie versuchen, in die abgegriffensten Dialoge wenigstens ein bisschen Leben zu hauchen. Doch - es fehlt an Möglichkeiten zur Entfaltung, denn wer Dornan als Serienkiller in The Fall gesehen hat, der weiß, dass da Luft nach oben ist. So aber schaffen es die beiden nicht, ihr sichtliches Unbehagen beim Dreh zu verbergen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Autoren des dritten Teils sich wieder etwas mehr Mühe geben.

Fazit: Obwohl auch der erste Teil der Fifty Shades Reihe kein wahres Juwel der Filmlandschaft war, schafft es der zweite Teil nicht, zumindest das vorgelegte Niveau zu halten. Handwerklich ist der Film höchstens Mittelmaß, moralisch betrachtet gleitet er aber in unterste Schubladen ab, was die Frage nach sich zieht, welches Bild wir uns vom modernen Mann machen und warum (heterosexuelle) Frauen sich zu diesem hingezogen fühlen. So gesehen regt der Film immerhin zum Nachdenken an…

In diesem Sinne,

eure J.

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